Rheinische Post - Xanten and Moers

Eine Apfelsine veränderte ihr Leben

Waltraud und Gustav van Mil aus Hamb feiern ihre diamantene Hochzeit. Eine süße Frucht spielte bei ihrem Kennenlern­en eine entscheide­nde Rolle.

- VON HEIDRUN JASPER

Sie ist seine Jugendlieb­e, und umgekehrt: Heute vor 60 Jahren hat Gustav van Mil seine Waltraud geheiratet. Da war sie gerade 21 Jahre alt, er noch keine 23. Dass die beiden trotzdem heiraten konnten, ist nicht selbstvers­tändlich: Gustav van Mil besitzt die niederländ­ische Staatsbürg­erschaft, auch wenn er nie in den Niederland­en gelebt hat. Aber sein Vater ist im Nachbarlan­d geboren, und dort musste man damals 28 Jahre alt sein, um heiraten zu können – vorher brauchte man die Einwilligu­ng der Eltern. Die bekam er und besänftigt­e auch die künftige Schwiegerm­utter, indem er konvertier­te. Denn er war Protestant, Waltraut kam aus streng katholisch­em Hause.

„Wir wünschen uns, dass wir in fünf Jahren noch unsere eiserne Hochzeit feiern können“Waltraud und Gustav van Mil Diamantpaa­r

„So war das eben früher“, sagt Waltraud van Mil und erzählt, wie sich die beiden kennengele­rnt haben. 1954, in der Berufsschu­le in Geldern. „Ich war 15, saß im Pausenraum unten im Keller, habe meine Brote gegessen und gucke zum Fenster, da fliegen plötzlich Apfelsinen­schalen in den Kellerscha­cht.“Die hatte Gustav hineingewo­rfen, als er – die Apfelsine schälend – am Fenster vorbei ging. Was nicht ohne Folgen blieb: Ruck-zuck hatte Waltraud das Fenster geöffnet und schimpfte ihren späteren Mann aus – und der sammelte zügig die Schalen wieder ein.

Gefunkt hat es zwischen den beiden trotzdem noch, als sie sich einige Zeit später beim Tanzen in Geldern-Veert wieder über den Weg liefen. Vier Jahre später heirateten sie; zwei Töchter und ein Sohn gingen aus der Ehe hervor. Sechs Enkel mit Partnern und zwei Urenkel komplettie­ren heute die Familie van Mil, die die Diamantene Hochzeit am 29. Juni groß feiern möchte, im Saal Thiesen auf der Bönninghar­dt.

„Eigentlich wollte ich Krankensch­wester werden. Aber damals musste man alles selber bezahlen, auch die Bücher und die Berufsklei­dung. Das ging nicht, meine Mutter war alleinerzi­ehend mit mir und meinen zwei Brüdern.“Also machte Waltraud eine Lehre zur Hauswirtsc­hafterin, hängte später noch eine einjährige Ausbildung zur Krankensch­wester dran und arbeitete schließlic­h 20 Jahre lang Vollzeit im St.-Clemens-Hospital in Geldern.

Die drei Kinder gingen da schon zur Schule. „Schlüsselk­inder“, so nannte man sie früher. Denn es war niemand zu Hause, wenn sie mittags von der Schule kamen. Der Vater, gelernter Maurer und Fliesenleg­er, war unter anderem sechs Jahre lang auf Montage, hat die Berliner Brücke in Duisburg und die Zoobrücke in Köln mit erbaut, arbeitete später bei der Solvay. Die Mutter hatte am Abend vorgekocht, die Kinder versorgten sich selber. „Aber sie wussten immer: Wenn was ist, können sie mich jederzeit auf der Arbeit anrufen, dann bin ich sofort nach Hause gefahren.“

Zu Hause, das ist das Elternhaus von Gustav van Mil an der Hamber Straße, wohin die Familie einige Jahre, nachdem sie ihr Haus in Sonsbeck gebaut hatten, gezogen war. Zwei tierische Familienmi­tglieder, ein Berner Sennenhund und ein Border Collie, haben auf dem großen Gelände genügend Platz und Auslauf. Jeden Morgen fährt Waltraud van Mil nach Sonsbeck, holt frische Brötchen fürs Frühstück. Und die Rheinische Post. „Wir sind immer auf dem Laufenden“, sagt sie und lacht.

Was sich die beiden neben Gesundheit wünschen? „Dass wir in fünf Jahren noch unsere Eiserne Hochzeit feiern können.“

 ?? RP-FOTO: ARFI ?? Waltraud und Gustav van Mil in ihrem Garten in Hamb. Am heutigen Mittwoch sind die beiden 60 Jahre lang verheirate­t. Sie lernten sich kennen, weil er achtlos Apfelsinen­schalen wegwarf – und seiner Gattin dies nicht gefiel.
RP-FOTO: ARFI Waltraud und Gustav van Mil in ihrem Garten in Hamb. Am heutigen Mittwoch sind die beiden 60 Jahre lang verheirate­t. Sie lernten sich kennen, weil er achtlos Apfelsinen­schalen wegwarf – und seiner Gattin dies nicht gefiel.

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