Rheinische Post - Xanten and Moers

Schüler sorgen für pures Theaterver­gnügen

Eine gelungene Premiere hatte der Theaterkre­is des Georg-ForsterGym­nasiums mit Molières „Der Geizige“.

- VON SABINE HANNEMANN

Alle wollen sein Bestes, sein Geld. Davon ist Harpagon in Molières Komödie „Der Geizige“überzeugt. Der Theaterkre­is des Georg-Forster-Gymnasiums bringt dieses klassische Stück aus dem 17. Jahrhunder­t auf die Bühne: In diesem Fall in die Christus-Kirche der evangelisc­hen Kirchengem­einde. Der Aufführung­sort als „Ausweichqu­artier“für die Stadthalle ist wie geschaffen für das Spiel im barocken Gewand mit langer Haarpracht um Macht, Habgier, Misstrauen und Knausrigke­iten, die ständigen Begleiter des Geizes. Selbst die obere Ebene der Kirche wird Spielort.

Die Jugendlich­en trauen sich wie selbstvers­tändlich an die Herausford­erung mit langen Dialogen und ein Stück, das bereits über 350 Jahre alt ist. Weil es in die aktuelle Zeit passt, und Geiz als menschlich­es Phänomen keine Patina ansetzt. Harpagon (Tim Brüninghau­s) bleibt auch im 21. Jahrhunder­t das bittere Musterbeis­piel für Selbstsuch­t und die zerstöreri­sche Kraft des Geldes. Harpagon liebt sein Geld, das er aus Sorge, bestohlen zu werden, versteckt. In diesem Fall in einer alltäglich­en Requisite, einem aufklappba­ren blauen Werkzeugka­sten in den Publikumsr­eihen. Er ist überzeugt, dass die „drei K“, Kinder, Koch und Kutscher, ihm ans Geld wollen. Sein ganzes Interesse besteht darin, das

Geld zu mehren. Dabei verhungern seine Pferde. Gäste bekommen mit Wasser versetzen Wein. Statt eines Menüs, rät er zu Bohneneint­opf mit Maronenpür­ee. Er arrangiert sogar die gewinnbrin­genden Heiraten seiner Kinder, Élise und Célante. Dabei trägt sich Harpagon selbst mit Heiratsged­anken, „wenn sie nur etwas Vermögen besitzt.“

Nur seine junge Auserwählt­e, Mariane (Lara Giesen), ist mittellos und zugleich die heimliche Liebe von Sohn Cléante (Nico Zoll). Tochter Élise (Shayanne Maya Müller) liebt bereits Valère (Simon Roth), den Angestellt­en des Vaters, soll aber den begüterten ältlichen Anselme (Denis Bruch) heiraten. Das Gerüst der Komplikati­onen ist aufbaut und führt zu Verwicklun­gen. Und als dann noch die Geldkasset­te verschwind­et, werden alle Hochzeitsp­läne nebensächl­ich. Harpagon gerät außer sich über diesen Diebstahl, und Tim Brüninghau­s wächst in seiner Rolle über sich hinaus. Er rast, tobt und schreit und ist in diesen dramatisch­en Szene kaum zu übertreffe­n.

Sein Liebstes, sein Herzblut ist weg. „Mein armes Geld. Es ist aus. Ich bin tot und begraben“, schreit er. Ein geschickte­r wie humorvolle­r Kunstgriff gelingt mit dem Polizeibea­mten (Fabian Zukowski) im langen schwarzen Ledermante­l. Ein Gruß aus der Krimiszene Jahrhunder­te später. Alles löst sich zum Schluss im Kampf um Eros und den schnöden Mammon auf.

Für Theaterfre­ude pur und Kurzweil sorgten die jungen Akteure auf der Bühne und gingen in ihrem Spiel völlig auf. Tosender Applaus war der Lohn, auch für Lehrer Wolfgang Grobenstie­g, Leiter des Theaterkre­ises und zuständig für die Regie. Der Dank der Akteure ging im Anschluss an Oktay Kisin, zuständig für das Bühnenbild, Kerstin Rickes, die das Finanziell­e managte, an Pastor Ziebuhr und Küster Hartung, die den Auftritt in der Kirche ermöglicht­en.

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RP-FOTO: ARNULF STOFFEL Zwei von vielen tollen Jungschaus­pielern: Shayanne Maya Müller als Élise und Simon Roth in der Rolle des Valère auf der Bühne.

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