Rheinische Post - Xanten and Moers
„Ein Cuvée wie den Hans F. aus Dornfelder und Frühburgunder gibt es sonst nirgendwo“
Wer schon einmal eine sommerliche Fahrradtour, beispielsweise entlang von Mosel oder Saar gemacht hat, kennt diese am Niederrhein eher raren Lokalitäten: Die urgemütlichen Straußwirtschaften, in denen Winzer ihren schmackhaften Rebensaft ausschenken. Weinliebhaber vom Niederrhein müssen für dieses Erlebnis nicht mehr bis zum nächsten Urlaub warten. Am vergangenen Freitag hat in Menzelen-Ost die erste echte Straußwirtschaft am linken Niederrhein eröffnet. Möglich gemacht haben das Otmar Lind und Peter Odermann, die vor 13 Jahren im rheinland-pfälzischen Offenheim die Weinkellerei Loop gegründet haben.
Dann verschlug es den Touristik-Veranstalter Otmar Lind beruflich nach Bochum, bevor er schließlich am Niederrhein heimisch wurde. „Der Grund dafür ist dieses Haus. Wir haben uns sofort darin verliebt. Obwohl erst einmal eine Kernsanierung anstand“, so Lind. Während der 55-Jährige an der Ringstraße schon seit einiger Zeit seine Weine verkauft und inzwischen etliche Stammkunden hat, nutzt Ehefrau Heike das urige Ambiente, um ihren Handel mit französischen Antiquitäten auszubauen.
Bei einem Urlaub in der Provence und dem Besuch diverser Weingüter kam dem Hobbywinzer die Idee, in Menzelen-Ost eine Straußwirtschaft zu etablieren. Das ausladende, rund 1000 Quadratmeter große Areal rund ums Haus mit seinen vielen kleinen Sitzecken, einer Lounge,
einem Wintergarten und einer Pergola schien dafür wie geschaffen. „Ich musste nicht viel investieren außer Arbeit. Sonst hätte ich das in diesen Corona-Zeiten auch nicht gemacht“, gesteht Lind.
Die strengen Abstandsregeln und Hygieneauflagen kann das Ehepaar Lind problemlos einhalten. „Selbst mit fünf Metern Abstand zwischen den Tischgruppen haben wir Platz genug für 100 Gäste“, versichert der Spezialist für Weine und Fernreisen. Bedienungen gibt es nicht. Der Wein muss an einem Tisch im Eingangsbereich abgeholt
Otmar Lind Gastwirt der Straußwirtschaft werden. Mit Mundschutz und Sicherheitsabstand, versteht sich.
Die so eingesparten Personalkosten wirken sich direkt auf die Preise aus: Zwei Euro für ein kleines (0,1 l), vier Euro für das große Glas (0,2l) Wein laden zu längerem Verweilen ein. Und wer nicht so oft anstehen möchte, kann die Flasche zu 14 Euro ordern. Sagen Chardonnay, Burgunder oder Riesling besonders zu, können die Gäste sich im Anschluss gerne eine Kiste mitnehmen.
Vor allem Cuvée-Liebhaber sollten davon Gebrauch machen. Denn die sind wirklich einzigartig. „Die Zusammenstellung mache ich selbst. Ein Cuvée wie den Hans F. aus Dornfelder und Frühburgunder gibt es sonst nirgendwo“, sagt Lind. Für ihn ist es besonders wichtig, dass Säure- und Restzuckergehalt sich die Waage halten: „Nur dann ist ein Wein wirklich gut.“
Für den kleinen Hunger hält der Menzelener Freizeitkicker eine Spezialität aus seiner Heimat bereit: den Spundekäs. Dabei handelt es sich um einen Quarkfrischkäse mit Kräutern, fein gehackten Zwiebeln, Sahne und Salz. Otmar Lind hofft nun, dass die ungezwungene entspannte Atmosphäre einer Straußwirtschaft bei den Leuten am Niederrhein ankommt. Die Generalprobe mit Nachbarn und Freunden hat diese Hoffnung genährt. „Wir freuen uns darüber, dass es losgeht. So etwas hat in Alpen noch gefehlt“, sagt Nachbar Carsten Fischer Wohlsein.