Rheinische Post - Xanten and Moers
Hohe Schulden für den Neustart
Die Bundesregierung hat zur Ankurbelung der Wirtschaft ein Konjunkturpaket geschnürt, das beispiellos ist. Die 130 Milliarden Euro sollen Deutschland aus der Corona-Krise führen und zugleich dem Land einen Modernisierungsschub geben. Soweit die Theorie.
Eine Bewertung einiger zentraler Maßnahmen im Schnelldurchlauf: Die Senkung der Mehrwertsteuer ist sinnvoll, um die Konjunktur anzukurbeln. Sie kommt insbesondere bei Menschen mit kleinen Einkommen und vielen Kindern an, die ihre Einkünfte in der Regel komplett verkonsumieren müssen. Die Kaufprämie für Autos ist damit vom Tisch. Richtig so. Das Instrument von vor zehn Jahren wäre nicht mehr zeitgemäß. Die Entlastung der Kommunen durch die Hilfe des Bundes bei den Kosten für die Unterkunft von Hartz-IV-Empfängern wird insbesondere strukturschwachen Städten und Gemeinden helfen. Also auch eine sinnvolle Entscheidung. Die 300 Euro pro Kind sind ein Trostpflaster. Eltern leiden in der Corona-Krise unter geschlossenen Kitas und kaum digitalisierten Schulen. Das Geld hätte man wahrlich zielgenauer einsetzen können. Zumal die Kinder von heute die Schulden von morgen bezahlen müssen. Darüber haben sich Union und SPD zu wenige Gedanken gemacht. Die weiteren geplanten Investitionen in Klima und Digitales stehen überwiegend schon im Koalitionsvertrag und sollten einfach mal auf die Schiene gesetzt werden.
Die Verhandlungen waren auch deshalb so zäh, weil es um mehr ging als um 130 Milliarden. Es ging auch um Merkels Erbe: Alle drei Parteien wollten Punkte machen, die sich im nahenden Bundestagswahlkampf 2021 für sie auszahlen könnten. Zudem dürfte es Finanzminister Olaf Scholz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ein Anliegen gewesen sein, auch ihre Kanzlertauglichkeit zur Schau zu stellen.