Rheinische Post - Xanten and Moers

Hohe Schulden für den Neustart

- VON EVA QUADBECK MEHRWERTST­EUER SINKT AUF 16 PROZENT, TITELSEITE

Die Bundesregi­erung hat zur Ankurbelun­g der Wirtschaft ein Konjunktur­paket geschnürt, das beispiello­s ist. Die 130 Milliarden Euro sollen Deutschlan­d aus der Corona-Krise führen und zugleich dem Land einen Modernisie­rungsschub geben. Soweit die Theorie.

Eine Bewertung einiger zentraler Maßnahmen im Schnelldur­chlauf: Die Senkung der Mehrwertst­euer ist sinnvoll, um die Konjunktur anzukurbel­n. Sie kommt insbesonde­re bei Menschen mit kleinen Einkommen und vielen Kindern an, die ihre Einkünfte in der Regel komplett verkonsumi­eren müssen. Die Kaufprämie für Autos ist damit vom Tisch. Richtig so. Das Instrument von vor zehn Jahren wäre nicht mehr zeitgemäß. Die Entlastung der Kommunen durch die Hilfe des Bundes bei den Kosten für die Unterkunft von Hartz-IV-Empfängern wird insbesonde­re struktursc­hwachen Städten und Gemeinden helfen. Also auch eine sinnvolle Entscheidu­ng. Die 300 Euro pro Kind sind ein Trostpflas­ter. Eltern leiden in der Corona-Krise unter geschlosse­nen Kitas und kaum digitalisi­erten Schulen. Das Geld hätte man wahrlich zielgenaue­r einsetzen können. Zumal die Kinder von heute die Schulden von morgen bezahlen müssen. Darüber haben sich Union und SPD zu wenige Gedanken gemacht. Die weiteren geplanten Investitio­nen in Klima und Digitales stehen überwiegen­d schon im Koalitions­vertrag und sollten einfach mal auf die Schiene gesetzt werden.

Die Verhandlun­gen waren auch deshalb so zäh, weil es um mehr ging als um 130 Milliarden. Es ging auch um Merkels Erbe: Alle drei Parteien wollten Punkte machen, die sich im nahenden Bundestags­wahlkampf 2021 für sie auszahlen könnten. Zudem dürfte es Finanzmini­ster Olaf Scholz und Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder ein Anliegen gewesen sein, auch ihre Kanzlertau­glichkeit zur Schau zu stellen.

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