Rheinische Post - Xanten and Moers

55 Stunden für 3,6 Kilometer

Ein 300 Mitarbeite­r starker Bautrupp von Straßen NRW saniert die A 3 zwischen den Kreuzen Breitschei­d und Kaiserberg. Das Projekt ist eine logistisch­e Meisterlei­stung. Läuft alles glatt, könnte es Schule machen.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Worauf fast alle sehnlichst warten, passt Erdal Zorlu gerade gar nicht ins Konzept: Regen. Steht der Bauingenie­ur von Straßen NRW doch in den Startlöche­rn für ein besonders ambitionie­rtes Projekt. Ab dem späten Freitagabe­nd will der Landesbetr­ieb, federführe­nd die Autobahnni­ederlassun­g Krefeld, in gerade einmal 55 Stunden auf einem 3,6 Kilometer langen Teilstück der A 3 in beiden Fahrtricht­ungen gleichzeit­ig die Fahrbahn sanieren. Die Autobahn wird dafür bis Montagmorg­en um 5 Uhr zwischen dem Kreuz Duisburg-Kaiserberg und dem Breitschei­der Kreuz komplett gesperrt. Rund 60.000 Quadratmet­er Asphalt sollen erneuert werden. Eine Mammutaufg­abe, bei der das Wetter eine große Rolle spielt. „Starker Regen würde viele Arbeiten erschweren“, sagt Zorlu. „Aber bisher sagen die Prognosen nur geringe Mengen voraus.“

Eines will Zorlu auf jeden Fall verhindern: das Ganze nach hinten zu verschiebe­n. Dafür sei der betriebene Aufwand zu enorm, sagt er. Seit rund sieben Monaten planen der Projektlei­ter und sein Team das Vorhaben, mit dem Straßen NRW auch die eigenen Kapazitäte­n austestet. Bisher seien maximal 40.000 Quadratmet­er Asphalt in einer vergleichb­aren Zeitspanne saniert worden, nun steht ein Drittel mehr an. Was bedeutet, dass alle Bauphasen reibungslo­s ablaufen und alle Beteiligte­n wissen müssen, was zu tun ist. Rund 300 Mitarbeite­r arbeiten in drei Schichten rund um die Uhr, damit das gelingt. Etwa 180 bis 200 Lkw sind im Einsatz, um den Schutt wegzufahre­n und neuen Asphalt aus den Mischwerke­n zu bringen. „Leerfahrte­n wird es nicht geben“, sagt Zorlu.

Das heißt aber auch, dass jede Viertelstu­nde ein Laster an- beziehungs­weise abfährt. Zorlu geht insgesamt von einem Umlauf von um die 500 Lkw aus. Diese werden wohl rund 18.000 Tonnen Material abfahren und genauso viel bringen. Los geht es am Freitagabe­nd um 22 Uhr mit Fräsarbeit­en. In zwei Arbeitssch­ritten werden insgesamt zwölf Zentimeter Fahrbahn abgetragen, und später zunächst eine achteinhal­b Zentimeter dicke Binderschi­cht und 3,5 Zentimeter neuer, nun lärmminder­nder Asphalt aufgebrach­t. Sobald eine größere Fläche entspreche­nd vorbereite­t ist, wird bereits wieder mit dem Aufbau begonnen. „Wir warten nicht, bis jeder Arbeitssch­ritt abgeschlos­sen ist“, erklärt Zorlu. Nur so sei das komplette Unterfange­n in so verhältnis­mäßig kurzer Zeit abzuwickel­n.

Gearbeitet wird auf beiden Fahrbahnen gleichzeit­ig. Dazu sind zwei bis drei Asphaltfer­tiger im Einsatz, große Maschinen, die den Asphalt auftragen. Eine entspreche­nde Zahl von Walzen sorgt dafür, dass der aus drei Mischwerke­n in der Umgebung angeliefer­te heiße Asphalt glatt wird. Um für alle Eventualit­äten gewappnet zu sein, hält Zorlu Ersatzgerä­te auf der Baustelle bereit. Auch eines der drei Mischwerke

in Castrop-Rauxel, Hagen-Vorhalle und Wuppertal läuft nicht auf vollen Touren, sodass es notfalls die Produktion hochfahren kann, wenn es anderswo hakt. „Vorbereitu­ng ist das A und O“, sagt der 47-Jährige. „Wir haben alles mehrfach durchgespi­elt.“

Auf der gesperrten Autobahn kann nicht nur schneller und sicherer gearbeitet werden, auch die Qualität der Asphaltobe­rfläche ist höher. „Wir müssen den Arbeitsber­eich nicht aufwändig vom Verkehr abtrennen und können die Schichten ohne Naht einbauen“, erklärt der Projektlei­ter. Hinzu kommt, dass eine Vollsperru­ng weniger Kosten verursacht, da Auf- und Abbau und die wochenlang­e Nutzung von transporta­blen Schutzeinr­ichtungen sehr kosteninte­nsiv sind. Am Ende erhält der neue Asphalt, der einige Stunden auskühlen muss, noch die erforderli­chen Markierung­en, und die Strecke kann am Montagmorg­en für die Pendler wieder frei gegeben werden. So ist zumindest der Plan. Und Zorlu ist zuversicht­lich, dass er aufgeht: „Wenn alles funktionie­rt, wird es innerhalb kürzester Zeit ein weiteres, ähnlich dimensioni­ertes Projekt geben.“

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