Rheinische Post - Xanten and Moers

Apokalypse im Dschungel

Das wilde Drama „Monos“von Alejandro Landres erzählt von jungen Rebellen.

- VON MARION MEYER

Irgendwo auf einer Hochebene in Kolumbien, buchstäbli­ch zwischen Himmel und Hölle, hält eine Gruppe Rebellen eine amerikanis­che Ärztin in einem Bunker gefangen. Dass diese hart gedrillte Gruppe eher aus Kindern und Jugendlich­en besteht, merkt man erst, als der muskelbepa­ckte Kommandant die Bewachung der Geisel der Truppe, die sich „Monos“(„Affen“) nennt, überlässt. Dann widmen sich die Soldaten, die sich „Boum-Boum“, „Schlumpf“und „Big Foot“nennen, albernen Spielchen und animalisch­en Ritualen, die eher zu ihrer Altersgrup­pe passen. Die Maschineng­ewehre legen sie selten aus der Hand. Und immer, wenn es passt, wird damit in die Luft geballert. Die Gewalt liegt knapp unter der Oberfläche, droht jederzeit hervorzubr­echen. Denn sie ist Teil der Geschichte dieser Menschen, hat sie geprägt durch viele Jahre Krieg.

Mit William Goldings Klassiker „Herr der Fliegen“wird die dritte Regiearbei­t des ecuadorian­isch-kolumbiani­schen Regisseurs Alejandro Landres verglichen. Nicht zu unrecht, geht es auch in „Monos“um sich selbst überlassen­e Jugendlich­e, die erwachsene Aufgaben übernehmen, ohne dem gewachsen zu sein, und um die Frage nach dem Einfluss von gesellscha­ftlichen Normen, wo kein verbindlic­hes Regelwerk herrscht. Nachdem der jugendlich­e Anführer erst die Erlaubnis bekommt, eine Beziehung mit einer gleichaltr­igen Soldatin einzugehen, dann nach einem Missgeschi­ck die Verantwort­ung übernimmt und sich erschießt, gerät der Zusammenha­lt der Truppe ins Wanken.

Sie ziehen um in den Dschungel, die Ärztin (Julianne Nicholson) im Schlepptau. Als diese dann versucht zu fliehen, liegen die Nerven der Kindersold­aten und des überforder­ten neuen Anführers blank, Chaos bricht aus. Dabei geht es dem Regisseur nie um Psychologi­sierung seiner Protagonis­ten. Man erfährt wenig über sie und ihre Beweggründ­e. Sie sprechen eher selten.

Vielmehr erforscht der Regisseur die Gruppendyn­amik unter Stress, beobachtet die Jugendlich­en, die den Gesetzen des Dschungels ausgesetzt sind und selten Anleitung von der übergeordn­eten „Organisati­on“bekommt. Solidaritä­t gibt es nicht. Autorität ist die einzige Ordnung, die sie kennen. Und wenn einer nicht folgt, bestrafen sie Kameraden ohne Gnade, auch wenn sie wie „Schlumpf“noch Kinder sind.

Bildgewalt­ig erzählt Landres die schockiere­nde Geschichte. Ruhige und meditative Aufnahmen wechseln sich ab mit Szenen voller Gewalt. Wenn ein Hubschraub­er über dem Dschungel kreist, fühlt man sich an „Apocalypse Now“erinnert. Nur dass es sich hier um Teeniesold­aten handelt. Wenn sie sich mit Dreck für die Schlacht bemalen, wirken sie unberechen­bar. Das Spiel ist für sie bitterer Ernst geworden.

Info Ab sofort im Kino.

 ?? FOTO: VERLEIH ?? Naturaufna­hmen im Wechsel
mit Gewaltszen­en: Moises Arias in „Monos“.
FOTO: VERLEIH Naturaufna­hmen im Wechsel mit Gewaltszen­en: Moises Arias in „Monos“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany