Rheinische Post - Xanten and Moers
Lemken trennt sich von der Spritztechnik
Der Spezialist für Pflanzenbau reagiert auf den Rückzug der Chemie auf Äckern. Die Produktion der Sätechnik wandert von Alpen ins Emsland. Rechnerisch kostet die Neuausrichtung 75 Jobs. Betriebsrat setzt auf sozialverträgliche Lösung.
Lemken beendet zum Jahresende die Produktion von Feldspritzen im niedersächsischen Werk Haren. Die Entscheidung hat die Geschäftsführung der Belegschaft unmittelbar vor Pfingsten mitgeteilt. Die hat auch Auswirkungen auf den Hauptstandort in Alpen. Die Produktion von Sämaschinen wandert dann vom Niederrhein ins Emsland. Bei der Neuausrichtung gehen rund
75 Arbeitsplätze verloren. Der Vorsitzende des Betriebsrates, Peter Bachmann, geht aber fest davon aus, dass in den nun anstehenden Verhandlungen um zugesagte „sozialverträgliche Lösungen“betriebsbedingte Kündigungen verhindert werden können.
Gesellschafterin und Geschäftsführer Anthony van der Ley begründeten den Schritt mit der zukunftsorientierten Fokussierung auf nachhaltigen Pflanzenbau. „Es kommt immer weniger Chemie auf den Acker. Daher wird die Nachfrage im Segment Feldspritzen spürbar nachlassen“, sagte van der Ley. Die Fachwelt gehe davon aus, dass bis 2030 lediglich noch die Hälfte an Pestiziden ausgebracht werden darf. Außerdem würden national unterschiedlichste gesetzliche Auflagen eine standardisierte Produktion schwierig machen, „um mit der Technik Geld zu verdienen“.
Im erst vor fünf Jahren eröffneten Werk in Haren, wo jährlich bis zu 400 Spritzen vom Band liefen – ein recht kleiner Anteil an der Gesamtproduktion –, wird Lemken sich künftig auf die Sätechnik spezialisieren. Mittelfristig soll die Belegschaft am entwicklungsfähigen Standort von derzeit 60 auf deutlich über 100 Beschäftigte steigen.
Durch die Verlagerung dieses Produktionsbereiches soll sich der Standort Alpen mit seinen rund
1000 Mitarbeitern auf seine Kernkompetenz
Nicola Lemken
Bachmann ist froh über das klare Bekenntnis der Unternehmensführung zu beiden Standorten. „Made in Germany bleibt unser zentrales Anliegen“, bekräftigte Nicola Lemken. Der Arbeitnehmervertreter ist ebenso wie die Geschäftsführung davon überzeugt, dass beide Standorte gestärkt aus der Neuausrichtung hervorgehen werden und damit große Chancen für eine weiter erfolgreiche Zukunft verbunden sind.
Ausbauen will das Familienunternehmen auch den Produktbereich mechanische Unkrautbekämpfung (crop care). Die Übernahme des niederländischen Spezialisten Steketee vor zwei Jahren macht sich immer mehr bezahlt. Die Kurve der Stückzahlen der intelligenten, kameragesteuerten Hackmaschinen zeige deutlich nach oben. „Die Umsätze haben sich verdoppelt“, so van der Ley. Ergänzt durch eine präzise Spritztechnik sei man auf einem guten Weg, „Landwirten moderne Techniken für eine smarte, nachhaltige Bewirtschaftung anzubieten“.
Landwirten mit Lemken-Feldspritze wird langfristiger Service zugesichert. Ironie der Geschichte: Die Lemken-Spritzen rollen ausgerechnet mit der Nova 14, erster Selbstfahrer und im Herbst viel bestaunte Maschine des Jahres auf der Agritechnica in Hannover, nun aufs Abstellgleis. Das Knowhow, so Nicola Lemken, aber sei nicht verloren.