Rheinische Post - Xanten and Moers

Arme Städte fordern NRW-Hilfe

Etliche Kommunen verlangen eine Lösung für das Altschulde­n-Problem. Das Land stellt nach der Einigung über die Milliarden­hilfen klar, dass der Kinderbonu­s nicht aufgestock­t wird.

- VON K. BIALDIGA, R. KOWALEWSKY UND G. MAYNTZ

Nach der Einigung im Bund auf ein milliarden­schweres Konjunktur­programm wird in NRW der Ruf nach einer Entschuldu­ng armer Städte und Gemeinden lauter. „Das Programm eröffnet den Kommunen in NRW die Aussicht auf dringend benötigte Hilfen. Nun kommt es darauf an, dass auch die Länder schnell und entschloss­en mitziehen“, teilten Roland Schäfer, Präsident des Städteund Gemeindebu­ndes NRW, und Hauptgesch­äftsführer Bernd Jürgen Schneider mit.

Auch der Sozialverb­and Deutschlan­d (SoVD) äußerte sich kritisch: „NRW-Städte brauchen attraktive Plätze und Begegnungs­stätten, gute Bildungs- und Kulturange­bote, Lebensqual­ität, gut ausgestatt­ete Schulen – und all das gerade in den Städten mit hoher Arbeitslos­igkeit und wirtschaft­lich schwachen Menschen“, sagte der SoVD-Landesvors­itzende Franz Schrewe unserer Redaktion. „Es ist an der Landesregi­erung,

sich mit diesem grundsätzl­ichen Problem auseinande­rzusetzen und die Kommunen aus dieser fatalen Sackgasse zu befreien“, forderte der Verbandsch­ef.

Das 130-Milliarden-Paket der großen Koalition sieht zwar für die Kommunen vor, dass der Bund ihnen 75 statt bisher 50 Prozent der Kosten für die Unterkunft Arbeitslos­er abnimmt. Für eine Stadt wie Wuppertal etwa bedeutet dies rund 30 Millionen Euro Entlastung im

Jahr. Der von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) eingebrach­te Vorschlag, die Kommunen mithilfe eines Fonds von ihren Altschulde­n zu befreien, scheiterte aber am Widerstand anderer Bundesländ­er.

„Das Land NRW muss jetzt ein Konzept vorlegen, um das Altschulde­nproblem kurzfristi­g zu lösen“, forderte auch der Sprecher des Aktionsbün­dnisses „Für die Würde unserer Städte“, Johannes Slawig. Im Vorfeld der Kommunalwa­hlen im September sei dies ein Thema, das die Bürger sehr interessie­re.

Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) sprach von einem „guten Beschluss“. Auch die für NRW vordringli­chen Punkte fänden sich darin. Insbesonde­re gehe es darum, den Unternehme­n in der Krise Liquidität zu geben, die Digitalisi­erung mit zusätzlich­en Investitio­nen voranzubri­ngen und Impulse für die Binnennach­frage zu setzen. Die Kommunen würden strukturel­l entlastet. „Selbst das Volumen von 120 Milliarden Euro, das wir mal angestrebt haben, ist erreicht worden“, erklärte Laschet. Ein „wichtiges Signal“

sei für ihn die Entlastung der Familien. Nun komme ihnen der Staat mit dem Familienbo­nus von 300 Euro pro Kind, einem Entlastung­sbeitrag für Alleinerzi­ehende und der Mehrwertst­euer-Senkung auf 16 und fünf Prozent entgegen. NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) stellte aber zugleich klar, dass die Landesregi­erung den Kinderbonu­s nicht aufstocke. Laschet hatte zuvor 600 Euro jährlich pro Kind vorgeschla­gen.

SPD-Landeschef Sebastian Hartmann zog gegenüber unserer Redaktion das Ergebnis in Zweifel: „Ministerpr­äsident Laschet hatte offenbar nicht genug Rückendeck­ung in der Bundes-CDU, um die Kommunen von ihren Altschulde­n zu befreien. Wer CDU-Vorsitzend­er werden will, muss sich in einer solch entscheide­nden Frage durchsetze­n können.“Insgesamt enthalte das Konjunktur­paket einen Mix aus sehr vielen verschiede­nen Programmen. Die meisten würden ihre Wirkung etwa im Hinblick auf NRW aber erst mittelfris­tig entfalten.

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