Rheinische Post - Xanten and Moers

Das Konjunktur­paket bekommt eine Zwei plus

- VON BIRGIT MARSCHALL 25 MILLIARDEN FÜR DEN MITTELSTAN­D, POLITIK

Donnerwett­er. Die Koalition hat auf den Ökonomen-Rat gehört und nimmt mutig 130 Milliarden Euro für die Konjunktur in die Hand. Die Summe ist groß genug, um einen nennenswer­ten Impuls auszulösen. Er ist dringend notwendig, weil Investoren und Verbrauche­r nach dem Corona-Lockdown tief verunsiche­rt sind. Vor 30 Jahren – in der Zeit der ideologisc­hen Grabenkämp­fe – wäre undenkbar gewesen, dass Union und SPD gemeinsam ein defizitfin­anziertes, riesiges Konjunktur­programm beschließe­n. Die Parteien haben dazugelern­t.

Richtig ist, dass die Koalition auf branchensp­ezifische Lösungen weitgehend verzichtet und stattdesse­n einen breiten Ansatz zur Stimulieru­ng der Nachfrage wählt. Eine Auto-Kaufprämie für Verbrenner wäre nicht nur klimapolit­isch falsch gewesen, sie hätte auch die Frage aufgeworfe­n, warum es keine Prämien für Kühlschrän­ke oder Fahrräder gibt. Die Koalition schaffte es allerdings nicht ganz, der Autoindust­rie gar nichts anzubieten – und so wird die schon jetzt unwirksame Prämie für E-Autos noch einmal verdoppelt.

Sei’s drum. Herzstück des Pakets ist die unerwartet­e Senkung der Mehrwertst­euer um drei Prozentpun­kte. Deren Befristung bis Jahresende kann Verbrauche­r und Unternehme­n veranlasse­n, Käufe nicht weiter aufzuschie­ben – oder auf 2020 vorzuziehe­n. Das kann 2021 zum erneuten Nachfragee­inbruch führen, aber wichtiger ist jetzt die Gegenwart. Das Manöver wird nur funktionie­ren, wenn Anbieter ihre Preise entspreche­nd senken. Ob die Steuersenk­ung die erwünschte Wirkung hat, ist also fraglich. Positive Erfahrunge­n aus Großbritan­nien geben immerhin Anlass zur Hoffnung. Wirksam werden auf jeden Fall die massiven Steuererle­ichterunge­n für Unternehme­n sein. Alles in allem verdient die Koalition die Note zwei Plus.

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