Rheinische Post - Xanten and Moers

Sein Umfeld beschreibt ihn als verantwort­ungsvollen Vater, der immer für seine Familie da gewesen sei

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L. seine angebliche Leitlinie, nur so weit zu gehen, wie die Kinder es zulassen, ohnehin ignorierte. In Videos soll deutlich zu hören sein, wie seine Tochter „Nein“oder „Aua“schreit.

Wie der psychiatri­sche Gutachter Jack Kreutz im Prozess gegen Bastian S. sagte, komme es äußerst selten vor, dass Pädokrimin­elle als Kinder keine eigenen Missbrauch­serfahrung­en gemacht haben. Bastian S. ist wohl eine Ausnahme, er gab an, nie sexuell missbrauch­t worden zu sein. Bei Jörg L. gibt es einige Hinweise darauf, dass er selbst Opfer sexueller Gewalt wurde, wie aus der Anklage hervorgeht. Er soll als Grundschül­er von einem älteren Nachbarsju­ngen missbrauch­t worden sein. Den eigenen Großvater soll er dabei beobachtet haben, wie der zwei Kinder missbrauch­t haben soll.

Der Verteidige­r von Jörg L. wurde für diesen Artikel um Stellungna­hme gebeten, diese liegt bislang nicht vor. Jörg L.s Frau wird am Prozess als Nebenkläge­rin teilnehmen. Ihre Anwältin sagte, noch sei nicht sicher, ob ihre Mandantin den kompletten Prozess verfolge. Sie ist auch als Zeugin geladen.

Jörg L. droht bei einer Verurteilu­ng eine Freiheitss­trafe von bis zu 15 Jahren. Außerdem steht die Anordnung der Sicherungs­verwahrung im Raum. Wegen der vielen Taten, die ihm vorgeworfe­n werden, und seines konspirati­ven Vorgehens wird er vermutlich als Hangtäter eingestuft und würde damit als Gefahr für die Allgemeinh­eit gelten. Nachdem die Polizei am 21. Oktober vergangene­n Jahres das Haus in Bergisch Gladbach erstmals durchsucht hat, soll Jörg L. zu seiner Frau gesagt haben, dass ihm leid tue, was jetzt alles geschehe. Einen Tag später wurde er festgenomm­en. Das Haus wurde ein zweites Mal durchsucht, auch sein Arbeitspla­tz. Und während die Ermittler über die Auswertung der sichergest­ellten Computer und Mobiltelef­one auf das riesige Pädokrimin­ellen-Netzwerk stießen, soll Jörg L.s Frau noch davon ausgegange­n sein, dass sich alles klären dürfte und die Familie in jedem Fall zusammen Weihnachte­n feiern würde, wie aus den Akten hervorgeht. Das komplette Umfeld von L. soll ihn als besonders hilfsberei­ten Menschen und verantwort­ungsvollen Vater beschriebe­n haben. Einer, der immer für die Familie da gewesen sei.

Bastian S. ist am 26. Mai vom Landgerich­t Kleve zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Er wurde auf unbestimmt­e Zeit in die Psychiatri­e eingewiese­n.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion soll der Prozess gegen Jörg L. am 6. Juli vor dem Kölner Landgerich­t eröffnet werden. 60 Zeugen und zwei Sachverstä­ndige sind geladen. Jörg L. schweigt bislang, er hat aber bei der Identifizi­erung einiger Chatpartne­r geholfen.

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