Rheinische Post - Xanten and Moers
Personalmangel erschwert Kita-Besuch
Am Montag beginnt in Kindertagesstätten der eingeschränkte Regelbetrieb. Doch Eltern müssen weiter improvisieren. Die Einrichtung in Hamb etwa hat nur montags bis mittwochs offen, weil Erzieherinnen zur Risikogruppe gehören.
Anne Kersjes hat in den vergangenen Tagen viele Telefonate geführt. Am anderen Ende des Hörers schilderten Eltern ihre Sorgen. Im Mittelpunkt der Gespräche stand der eingeschränkte Regelbetrieb in den Kindertagesstätten, der mit Beginn der kommenden Woche auf die erweiterte Notbetreuung folgt. Kersjes ist Leiterin der katholischen Ein-Gruppen-Einrichtung St. Marien in Hamb mit 23 Mädchen und Jungen. Weil zu wenig Personal da ist, wird der Kindergarten nur montags, dienstags sowie mittwochs offen sein. Für 15 Stunden, jeweils von
7.30 bis 12.30 Uhr. „Die neue Regelung macht’s den Eltern nicht wirklich einfacher. Sie stehen vor einer Mega-Herausforderung“, sagt die
38-Jährige.
In der Kita in Hamb waren bis zur Corona-Krise neben Kersjes noch drei weitere Erzieherinnen für die Kinder da. Dann kam der Lockdown mit den Einschränkungen. Zwei Mitarbeiterinnen sind über 60 Jahre, die andere Kollegin leidet an einer chronischen Lungen-Krankheit. Die drei gehören also zur Risikogruppe. So machte die Einrichtung Mitte März zu, eine Notbetreuung war nicht möglich. Kersjes hielt in den vergangenen Wochen allein die Stellung und kümmerte sich um die organisatorischen Dinge, um die Voraussetzungen für die Wiedereröffnung am 8. Juni zu schaffen. Von den 23 Kindern war ein Mädchen für die Notbetreuung angemeldet. Sie ging in dieser Zeit in die Kita St. Maria in Sonsbeck. Träger dieser zwei Einrichtungen ist die Pfarrgemeinde St. Maria Magdalena, zu der noch der Kindergarten St. Georg in Labbeck gehört.
In der Kita in Hamb werden die Kinder in Nicht-Corona-Zeiten bis zu 35 Stunden in der Woche betreut. Während des eingeschränkten Regelbetriebs reduziert die Landesregierung den zeitlichen Umfang um zehn Stunden. Doch die 25 Stunden kann die Hamber Kita den Eltern nicht anbieten. Es fehlt an Personal. Kersjes hat versucht, über das Kreis-Jugendamt zur Überbrückung eine Fachkraft zu bekommen. Die Suche blieb erfolglos. So hörte sich die Pädagogin selber um. Und fand einen 19-jährigen Schüler mit abgeschlossenem Fachabitur im Sozialund Gesundheitswesen. Das Praktikum liegt hinter ihm, so dass er ab Montag als Hilfskraft auf 450-Euro-Basis bis zum 20. Juli einspringt. Dann beginnen in der Hamber Kita die Sommerferien. Zudem hat sich eine der beiden Erzieherinnen, die über 60 Jahre alt ist, bereiterklärt, für acht Stunden in der Woche zu arbeiten. Und eine Kollegin aus der Sonsbecker Einrichtung wird „ausgeliehen“.
„Es darf nichts passieren. Personell ist bei uns jetzt alles auf Kante genäht“, sagt Pfarrer Günter Hoebertz.
Das gelte für alle drei Kitas. Er findet, dass die Landesregierung die Einrichtungen mehr unterstützen könne. „Man muss uns mitteilen, wie wir die personellen Lücken von freigestellten Erzieherinnen, die der Risikogruppen angehören, kurzfristig schließen können. Es ist fast unmöglich, jemanden zu finden.“
Die Erfahrung hat auch Anne Kersjes gemacht. Das Kreis-Jugendamt habe sich sehr bemüht, aber der Markt für diese Berufsgruppe sei leergefegt. Gerne würde sie auch am Donnerstag und Freitag Betreuungszeiten anbieten. „Ich kann nur vorschlagen, dass sich die Eltern privat selber zusammentun. Diese Möglichkeit schlägt auch die Landesregierung vor.“Die Kinder, die ab Montag in die Hamber Kita zurückkehren, müssen sich an Veränderungen gewöhnen. So gibt’s als Folge der strengen Hygiene-Vorschriften die beliebte Kuschelecke nicht mehr. Der eingeschränkte Regelbetrieb gilt zunächst bis Ende August, weiß Kersjes.