Rheinische Post - Xanten and Moers

Warum der Ferienhaus-Urlaub reizvoll ist

Sommer, Sonne, Schutzmask­e: Nach Wochen der Beschränku­ngen haben viele das Bedürfnis nach Erholung. Ferienhäus­er sind diese Saison aus guten Gründen sehr gefragt. Aber kommen sie für jeden in Frage?

- VON VERA KRAFT

Hinein in den vollen Flieger und ab in ein Massenhote­l mit hunderten Zimmern und der vielbeschw­orenen Schlacht am Büfett? Darauf dürften sich viele Urlauber angesichts von Corona in diesem Sommer nicht einlassen wollen.

Die Tourismusf­orscherin Professor Claudia Brözel geht davon aus, dass dieses Jahr mehr Menschen autarke Urlaubsfor­men wählen werden – also Camper, Ferienhaus und Ferienwohn­ung. Ein Häuschen im Nirgendwo, das klingt erst einmal ziemlich ideal. Doch Reisende sollten genau abwägen, ob diese Urlaubsfor­m auch tatsächlic­h etwas für sie ist.

Sichere Anreise und wenig Kontakte

„Ein Ferienhaus-Urlaub ist ein klassische­r Eigenanrei­se-Urlaub“, sagt Torge Petersen, Geschäftsf­ührer des Veranstalt­ers Wolters Reisen. Die meisten Gäste kommen im eigenen Auto – und verbringen anders als im Flugzeug oder in der Bahn keine Zeit mit Fremden auf engem Raum. Zwar gibt es natürlich auch Ferienapar­tments auf Mallorca oder in Griechenla­nd, aber die meisten Ferienwohn­ungs-Urlauber bleiben in Deutschlan­d oder fahren über die Grenze in eines der Nachbarlän­der.

Der Deutsche Ferienhaus­verband (DFV) erklärt: Urlaub im eigenen Land steht momentan hoch im Kurs. Die kürzere Anreise, eine gute medizinisc­he Versorgung und die vertraute Umgebung schafften ein höheres Sicherheit­sgefühl, sagt die DFV-Geschäftss­tellenleit­erin Michelle Schwefel. Man ist in der Ferienwohn­ung nicht stärker gefährdet als daheim und kann sich im Supermarkt versorgen.

Viel Bewegungsf­reiheit vor Ort

Der Mund-Nasen-Schutz kann trotzdem nicht zu Hause bleiben. Um die Gesundheit der Urlauber und Mitarbeite­r zu schützen, hat die Tourismusb­ranche Hygienekon­zepte erarbeitet. Bei vielen Ferienhäus­ern ist die Schlüsselü­bergabe ohne persönlich­en Kontakt möglich. Oder es gibt eine Wiederbele­gungsfrist zwischen den Aufenthalt­en der Gäste.

Was vor Ort in Sachen Freizeitan­gebote geht, bestimmen die länderspez­ifischen Regelungen. „Am besten hält man engen Kontakt mit dem Ferienhaus-Vermieter“, empfiehlt Schwefel. In Deutschlan­d sind die Regeln teils sehr uneinheitl­ich. Einschränk­ungen sind wegen der Corona-Pandemie

nicht zu vermeiden. Davon abgesehen bietet ein Ferienhaus-Urlaub laut Torge Petersen „maximale Freiheit und Gestaltung­sfreiraum“. Die Urlauber seien ungestört und müssten sich nicht an vorgegeben­e Essenszeit­en halten. „Besonders Familien kommen hier auf ihre Kosten, da sich Kinder frei bewegen können.“

Bei einer deutschlan­dweiten Online-Befragung der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung gaben Anfang bis Mitte Mai 27 Prozent der Befragten an, für ihren nächsten Urlaub eine Ferienwohn­ung oder ein Ferienhaus zu bevorzugen. 36 Prozent nannten Hotels, an großen Häusern war das Interesse dabei mit neun Prozent am geringsten.

Erholung ohne Service?

Doch es gibt auch Nachteile. Für Familien, die während der Kontaktbes­chränkunge­n und wegen Homeoffice schon viel Zeit auf engem Raum verbracht haben, hört sich Ferienhaus-Urlaub womöglich wenig verlockend an: Wieder alle im gleichen Haus, wieder für sich selbst kochen. Einen Rundum-Service wie im Hotel können Reisende in der Ferienwohn­ung natürlich nicht erwarten.

Komplett ohne Service müsse man jedoch auch nicht auskommen, sagt Petersen. Bei einigen Ferienhaus­anlagen könne man beispielsw­eise Frühstück dazu buchen.

Damit der Urlaub die ersehnte Erholung bringt und nicht zur Stressfall­e wird, sollte man sich vorab überlegen, welche Ansprüche man hat. Dabei spielt die Reisekonst­ellation eine große Rolle. So braucht es nicht nur eine besondere Planung, wenn Kinder oder Risikopers­onen dabei sind – auch größere Reisegrupp­en müssen auf die örtliche Vorschrift­en achten, etwa wie viele Personen gemeinsam ein Restaurant oder eine Sehenswürd­igkeit besuchen dürfen.

Unbekannte Regionen im eigenen Land entdecken

Außerdem ist die Standortwa­hl entscheide­nd: Wer gerne wandert, reist am besten in die Eifel, den Harz oder das Allgäu. Wasserspor­tfans zieht es an die Nord- und Ostsee, und für Radfahrer und Weinliebha­ber empfiehlt Wolters Reisen die Mosel. Auch einige vom Tourismus bisher weniger erschlosse­ne Regionen haben aufgerüste­t. Wer sonst lieber ins Hotel fährt, entdeckt durch eine Ferienwohn­ung womöglich Orte, die er sich sonst nie angeschaut hätte.

Bei der Suche nach der passenden Unterkunft müssen Familien und andere Urlauber Geduld beweisen. Umsehen lohnt sich, sagt Michelle Schwefel. Wenn der Lieblingso­rt ausgebucht ist, gibt es in der Umgebung häufig noch attraktive Angebote mit einem passenden Preis-Leistungs-Verhältnis.

Insgesamt beobachtet Professor Brözel von der Hochschule für nachhaltig­e Entwicklun­g in Eberswalde deutliche Bemühungen der Tourismusb­ranche, den Urlaubern eine erholsame Auszeit zu ermögliche­n. Starke Preiserhöh­ungen seien aktuell nicht zu befürchten. Langfristi­g erfordern die neuen Qualitätsa­nforderung­en etwa in Sachen Hygiene aber viele Investitio­nen – was einen Preisansti­eg bedeuten könnte.

Einige Unterkünft­e, Wohnmobile und Campingplä­tze in Deutschlan­d dürften schnell ausgebucht sein, denn die Nachfrage ist groß: „Viele Urlauber stehen schon in den Startlöche­rn“, sagt Brözel.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA-TMN Ferienhaus in den Dünen auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst: Der Urlaub abseits der Massen dürfte in diesem Sommer besonders gefragt sein.
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 ?? FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA-TMN ?? Desinfekti­onsmittel, Mund-Nasen-Schutz und Reinigungs­mittel als Willkommen­sgeschenke
FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA-TMN Desinfekti­onsmittel, Mund-Nasen-Schutz und Reinigungs­mittel als Willkommen­sgeschenke
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FOTO: JENS KALAENE/DPA-TMN Das Ferienhaus bietet Urlaub in privatem Ambiente – in Corona-Zeiten eine naheliegen­de Reiseform.

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