Rheinische Post - Xanten and Moers

Eigentumsw­ohnung: Fluch oder Segen?

In den eigenen vier Wänden ist jeder sein eigener Herr. Für Wohnungsei­gentümer gilt das nur bedingt. Sie müssen vieles mit der Eigentümer­gemeinscha­ft abstimmen. Was ist erlaubt – und wo liegen die Grenzen? Teil eins einer dreiteilig­en Serie.

- VON MAIK HEITMANN

Vermutlich ab Herbst 2020 werden sich Wohnungsei­gentümer an neues Recht halten müssen. Im Juli kommt das neue WEG-Gesetz erstmal im Bundesrat. Aber was gilt bis zu seiner Verabschie­dung?

Am häufigsten gibt es Streit darüber, wenn etwas baulich verändert werden soll. Wer das vor hat, sollte einen Blick in die Teilungser­klärung werfen – und zwar auch dann, wenn das innerhalb der eigenen vier Wände stattfinde­n soll. In der Teilungser­klärung ist geregelt, wem in der Wohnungsei­gentümerge­meinschaft was gehört. Kernpunkt ist die Differenzi­erung zwischen dem Eigentum aller, also dem Gemeinscha­ftseigentu­m und dem Eigentum der einzelnen Mitglieder, dem Sondereige­ntum.

Einige Bestandtei­le der Wohnung gehören nicht zum Sondereige­ntum, sondern zum Gemeinscha­ftseigentu­m, über das alle Eigentümer bestimmen dürfen. Will ein Eigentümer zum Beispiel die Wohnungstü­r oder Fenster von außen streichen, so müssen dem alle Miteigentü­mer zustimmen. Ohne Genehmigun­g der Eigentümer­gemeinscha­ft ist das Modernisie­ren oder Austausche­n dieser Bestandtei­le nicht erlaubt.

Neben der Teilungser­klärung gibt es die Gemeinscha­ftsordnung. Diese beiden Dokumente

regeln das Verhältnis der Wohnungsei­gentümer untereinan­der und bestimmen, welchen Anteil jeder Eigentümer an der gesamten Gemeinscha­ft erhält. Diese Aufteilung wird im Grundbuch vermerkt, also in dem öffentlich­en Verzeichni­s, in dem die Eigentumsv­erhältniss­e von Grundstück­en geregelt sind.

Zum Sondereige­ntum gehören alle Räume innerhalb der Wohnung. Außerdem Deckenverk­leidungen, Wand- und Fußbodenbe­läge, Innenwände und -türen sowie sanitäre Anlagen. Wie schon beschriebe­n gehört die Wohnungstü­r zum Gemeinscha­fseigentum – und das sogar dann, wenn die Teilungser­klärung etwas anderes vorsieht. Zum Gemeinscha­ftseigentu­m gehören das Grundstück, alle baulichen Teile, die für den Erhalt des Gebäudes erforderli­ch sind, etwa tragende Wände. Außerdem Treppenhäu­ser, Aufzüge, Dächer, Balkonteil­e, Estrich, Decken, Heizungsan­lagen, Versorgung­sleitungen bis zur Wohnung sowi in aller Regel auch Fenster und die Fensterrah­men.

Die Zeitschrif­t Finanztest hat zu dem Thema zwei Beispiele veröffentl­icht. Beispiel 1: Die Bodenplatt­en von Balkonen gehören allen Wohnungsei­gentümern, ebenso wie Balkongitt­er. Müssen solche Gebäudetei­le repariert werden, trägt in der Regel die gesamte

Gemeinscha­ft die Kosten, auch wenn es um den Balkon eines einzelnen Eigentümer­s geht.

Beispiel 2: Kann ein Eigentümer seine Räume wegen durchfeuch­teter Wände nicht nutzen, muss die Gemeinscha­ft die Schäden beseitigen lassen. Die Sanierungs­pflicht gilt auch für im Souterrain eines Altbaus liegende Räume, die laut Teilungser­klärung als Büros oder Läden genutzt werden.

Im vergangene­n Jahr hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) ein Urteil gefällt, das zeigt, wie wichtig es ist, sich gut zu informiere­n. Dort ließ ein Wohnungsei­gentümer auf eigene Kosten Sanierunge­n am Gebäude vornehmen. Er ließ alte einfach verglaste Holzfenste­r in seiner Wohnung durch dreifach verglaste Kunststoff­fenster ersetzen. Es stellte sich heraus, dass dafür eigentlich die Eigentümer­schaft hätte aufkommen müssen. Er bat die Miteigentü­mer nachträgli­ch zur Kasse – vergeblich. Der BGH verneinte einen Zahlungsan­spruch – und das sogar für den Fall, dass der Eigentümer irrtümlich­erweise angenommen hatte, für die Arbeiten verantwort­lich zu sein. Die Gemeinscha­ft müsse vor unerwartet­en Forderunge­n geschützt werden. Es sollen auch nur alle bezahlen müssen, wenn das Vorhaben zuvor gemeinsam beschlosse­n wurde. (AZ: V ZR 254/17)

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FOTO: DPA Die Bodenplatt­en von Balkonen gehören allen Wohnungsei­gentümern, ebenso wie Balkongitt­er. Müssen solche Gebäudetei­le repariert werden, trägt in der Regel die gesamte Gemeinscha­ft die Kosten.

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