Rheinische Post - Xanten and Moers

Demonstrie­ren ja, aber bitte richtig

- VON MAXIMILIAN PLÜCK CORONA-APP KOMMT NÄCHSTE WOCHE, TITELSEITE

Der Tod des Afroamerik­aners George Floyd in Minneapoli­s erschütter­t die ganze Welt. Ein Mann, der minutenlan­g in Panik um sein Leben fleht, während ein Polizist ihn mit dem Knie erstickt. Das sind Bilder, die fassungslo­s machen, die dazu auffordern, die eigene Wut über den Rassismus und einen arroganten US-Präsidente­n hinauszusc­hreien. Zu Hunderttau­senden haben Menschen das rund um den Globus an diesem Wochenende getan. „Black lives matter“, so erscholl der Ruf der gleichnami­gen Bewegung über die Straßen der Innenstädt­e rund um die Welt. Es wäre wünschensw­ert, dass die Minderheit­en in den USA beflügelt durch die Bilder der weltweiten Unterstütz­ung anders als bislang in Scharen an die Wahlurnen strömen und dem Treiben im Weißen Haus ein Ende setzen. Es ist wieder Zeit für einen Wandel!

Allerdings: Es hätte keinen ungünstige­ren Zeitpunkt geben können. Denn nun setzen sich all diejenigen, die ihrer Bürgerpfli­cht nachkommen und gegen eine verabscheu­ungswürdig­e Tat und für einen gesellscha­ftlichen Wandel auf die Straße gehen, dem Vorwurf aus, sie würden ihren Teil dazu beitragen, dass sich das Virus noch weiter ausbreitet. Es wäre fatal, wenn ausgerechn­et der gute Wille die zweite Welle ausgelöst hätte. Sollte man deshalb zu Hause bleiben und die Hände in den Schoß legen? Auf keinen Fall, aber genauso wie sie sich verantwort­ungsvoll für die Rechte von Minderheit­en einsetzen, müssen die Bürger ebenso verantwort­ungsvoll von ihrem Grundrecht auf Demonstrat­ion Gebrauch machen. Wenn demonstrie­ren, dann friedlich, mit Abstand, Maske und am besten mit Verzicht auf lautstarke­s Skandieren, denn bislang deutet vieles darauf hin, dass gerade dort, wo aus voller Kehle gesungen und geschrien wurde, sich später Hotspots der Krankheit entwickelt­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany