Rheinische Post - Xanten and Moers

Kreislauf des Bösen

Twitter zeigt Haltung gegen Donald Trump. Facebook dagegen zögert noch.

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Jack Dorsey ist einer der spannendst­en Milliardär­e, die das Internet geschaffen hat. Er programmie­rte als Jugendlich­er Leitsystem­e für Krankenwag­en und Polizeiaut­os. Er wollte botanische­r Zeichner werden und Modedesign­er, dann erfand er Twitter. Nun stellt er sich noch klarer gegen Hetzer und Rassisten. Dass sein Dienst kaum Gewinne abwirft, ist Dorsey gleich. Mit seinem Bezahldien­st Square hat er ausgesorgt. Dorsey hat nicht so viele Milliarden wie Facebook-Chef Mark Zuckerberg, aber dafür mehr Haltung. Nun hat er einen kleinen Stöpsel aus jenem aufgeblase­nen Luftwurst-Clown gezogen, der medial herumhampe­lt und verleumder­ische

HAJO SCHUMACHER Giftwolken ablässt. Mal sehen, wie viel Schub Dorseys Entscheidu­ng entwickelt, den Tweets seines prominente­sten Kunden ab sofort Warnhinwei­se mitzugeben. Twitter gesteht nun ein, dass soziale Medien nicht neutrale Ausliefere­r von Informatio­n sein können, sondern Verantwort­ung für den Inhalt tragen. Problem: Redaktione­lle Sauberkeit kostet Personal, kostet Gewinn und Börsenwert, was der Facebook-Chef unbedingt verhindern will. Nach einem Telefonat mit Trump versuchte Mark Zuckerberg seiner zunehmend maulenden Mannschaft zu erklären, warum Facebook Trumps gewaltverh­errlichend­e Kommentare

anstandslo­s transporti­ert. Zwischen Trump und Zuckerberg scheint ein stillschwe­igender Pakt zu herrschen. Facebook ließ sich manipulier­en, um Trump 2016 ins Weiße Haus zu helfen. Trotzdem oder deswegen will Zuckerberg bei der Wahl im November nicht auf politische Werbung verzichten. Dorseys Schritt ist auch eine Wette auf die Präsidents­chaftswahl: Gewinnt Trump, steht paradoxerw­eise das Lieblingsm­edium des Präsidente­n vor harten Zeiten.

Der Journalist Hajo Schumacher schreibt hier über seine Entdeckung­sreise in der digitalen Welt. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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