Rheinische Post - Xanten and Moers
In einer eigenen Liga
Dem FC Bayern München ist in dieser Verfassung keine andere Mannschaft der Bundesliga gewachsen. Davon muss sich nun auch Bayer Leverkusen überzeugen. Die achte Meisterschaft in Serie ist für die Elf von Trainer Hansi Flickt nur noch Formsache.
Ein Rückstand ist für die Bayern ein ungewohntes Gefühl. Dass die Mannschaft von Trainer Hansi Flick aber auch solche Situationen scheinbar mühelos bewältigt, bewies sie beim 4:2 (3:1)-Erfolg in Leverkusen. Ob gegen Abstiegskandidaten, Champions-League-Aspiranten oder Meisterschaftskonkurrenten – die Münchner spielen in der Rückrunde auf einem Level, an das auch in dieser Saison offenbar kein Team aus Deutschland herankommt. Nach dem neunten Sieg in Serie könnten sie bereits am kommenden Samstag gegen Gladbach den achten Meistertitel in Serie feiern. „Im Fußball geht es darum, Spiele zu gewinnen“, sagte Coach Flick. „Das haben wir in 2020 bislang eindrucksvoll gezeigt.“
Bayers Angreifer Lucas Alario, der den wegen muskulärer Probleme kurzfristig ausgefallenen Kai Havertz im Sturmzentrum vertrat, hatte für das frühe 1:0 der Hausherren gesorgt (9.). Nach einem Ballverlust von Leverkusens Moussa Diaby im Mittelfeld gelang Münchens Kingsley Coman aber nur wenig später der Ausgleich (27.). Obwohl die Werkself bis dahin gut dagegenhielt, hatte Bayers Trainer Peter Bosz bereits eine böse Vorahnung. „In den ersten 30 Minuten sah es so aus, als ob wir mitspielen würden“, sagte der Niederländer. „Aber da habe ich schon gespürt, dass wir nicht unsere Top-Leistung bringen. Das lag natürlich viel an den Bayern.“
Der Gast aus dem Süden der Republik bewies in den Minuten vor dem Seitenwechsel, dass er wie kein zweites Team der Liga einem Gegner nicht nur wehtun, sondern ihn im selben Zug auch demoralisieren kann. Leon Goretzka und Serge Gnabry nutzten zwei von drei Großchancen, um die Kräfteverhältnisse zurechtzurücken (42./45.). Ein Doppelschlag, von dem sich die Werkself nicht mehr erholte. „Wenn man mit 1:1 oder wenigstens 1:2 in die Halbzeit geht, ist das etwas anderes. So war das tödlich“, erläuterte Bosz. In der zweiten Halbzeit erhöhte Bayerns Top-Torjäger Robert Lewandowski noch auf 4:1 (66.), ehe Leverkusens 17-jähriges Talent Florian
Wirtz sich mit einem sehenswerten Schlenzer als jüngster Torschütze in den Geschichtsbüchern der Bundesliga verewigte (89.).
Auf Rekordjagd befinden sich derzeit auch die Münchner. Im Schnitt erzielt der Spitzenreiter bislang drei Tore pro Partie (90 Treffer nach 30 Spieltagen). Der eigene Rekord aus der Saison 1971/71 (102 Tore) ist zum Greifen nah. „Erstmal geht es darum, Meister zu werden. Das steht im Fokus. Alles andere ist Beiwerk. Wenn das so kommt, ist es schön“, sagte Flick.
Ein Wiedersehen zwischen beiden Klubs könnte es noch in dieser Saison im Pokalfinale am 4. Juli in Berlin geben: Während Leverkusen am Dienstag beim 1. FC Saarbrücken den ersten Endspieleinzug seit 2009 perfekt machen will, fordern die Münchner am Mittwoch Eintracht Frankfurt heraus.
Erschreckend ist, wie willenlos sich die nationale Konkurrenz in ihr Schicksal ergibt. Bayer Leverkusen gehört schon zum gehobenen Inventar der Liga. Und trotzdem gibt es diesen Klassenunterschied. Das wird zwangsläufig Auswirkungen auf die Attraktivität des Produkts haben. Es kann nicht gewinnbringend sein, wenn nur ausschließlich einer am Ende oben steht. In der Formel 1 wurde eine solche Dominanz eines einzelnen Rennstalls immer elegant unterbrochen, in dem die Regeln derartig geändert wurden, dass es quasi zwangsläufig zu einer Veränderung kommen musste. Das ist im Fußball so nicht umsetzbar. Tatsächlich sinnvoll wäre es, wenn endlich die Mahnungen aus der Branche ernstgenommen würden, eine Gehaltsobergrenze (Thomas Röttgermann) einzuführen. Das würde aber nur Sinn machen, wenn auch international die Klubs mitspielen würden. Da ist das Interesse bislang nur begrenzt vorhanden.