Rheinische Post - Xanten and Moers
Überzahl ist nicht Fortunas Sache
Gegen zehn Hoffenheimer reicht es nur zu einem 2:2. Ein altes Problem.
Die Aufregung war groß. Hoffenheims Rotsünder Benjamin Hübner schimpfte wie ein Tourist, dem ein Taschendieb gerade die komplette Reisekasse geklaut hat. „Das ist eine ganz große Schande, was Ayhan macht“, poltert der Innenverteidiger, der kurz zuvor die Rote Karte gesehen hat. „Das nimmt mir den Spaß am Fußball.“Gemeint war die Szene in der achten Minute des Gastspiels der TSG in Düsseldorf, als Fortunas Kaan Ayhan zu Boden sank, nachdem Hübner ihm ins Gesicht gegriffen hatte. Mehr als 80 Minuten Hoffenheimer Unterzahl folgten. Allein: Fortuna schlug kein Kapital daraus. Obwohl Rouwen Hennings die Gastgeber nach vier Minuten, also vor dem Platzverweis, in Führung gebracht hatte, reichte es gegen den dezimierten Gegner nur zu einem 2:2.
Pay-TV-Sender Sky machte eine ganz große Nummer aus der Szene, Experte Dietmar Hamann verstieg sich gar zu der Behauptung, Schiedsrichter und Videoassistent hätten Fortuna insgesamt bevorteilt. Darüber darf man allerdings streiten, haderte doch der Gastgeber heftig damit, dass der Kölner Keller beim vermeintlichen 2:1 durch Hennings einschritt, obwohl Kenan Karamans Einsatz gegen Stefan Posch nicht zwingend ein Foul war. Videoassistent Christian Dingert wertete jedoch die Entscheidung von Schiri Sören Storks, den Treffer anzuerkennen, als klare Fehlentscheidung.
Uwe Rösler hielt sich mit alldem gar nicht allzu lange auf. „Mir ist lediglich wichtig, Hübners Aussagen richtigzustellen“, betonte der Fortuna-Trainer. „Seine Hand landet in Kaan Ayhans Gesicht, und da gehört sie nicht hin. Kaan ist definitiv ein absoluter Sportsmann, das lasse ich nicht auf ihm sitzen. Und ich lasse den Vorwurf der Unsportlichkeit nicht auf meiner Mannschaft sitzen. Es haben doch alle gesehen, wie viele Hoffenheimer in den letzten Minuten mit angeblichen Kopfverletzungen auf dem Boden lagen.“
Nach diesem Seitenhieb gegen die Kraichgauer Auffassung von sportlichem Verhalten widmete sich der 51-Jährige lieber Fortunas sportlichen Defiziten. „Gegen zehn Mann muss man einfach spielen“, erklärte er, „und das haben wir in der ersten Hälfte auch getan. Aber du musst das auch durchziehen, selbst wenn es für einige in meiner Mannschaft langweilig wird. Leider sind wir ungeduldig geworden und haben kompliziertere Lösungen gesucht.“
Eine alte Schwäche Fortunas, die sich auch in dieser Saison bereits zeigte: Beim VfL Wolfsburg spielte sie nach der Roten Karte gegen Marin Pongracic fast die komplette zweite Spielhälfte in Überzahl, musste aber dennoch den Ausgleich der Niedersachsen hinnehmen. „Das kennen wir leider schon“, sagte Innenverteidiger Andre Hoffmann. „Die Rote Karte hat alles auf den Kopf gestellt hat, was wir uns die Woche über erarbeitet hatten. Wir hatten nicht erwartet, dass Hoffenheim so tief in der Abwehr steht, wie das mit zehn Mann geschah.“
Aber warum sah Fortuna bis zur Pause dennoch so gut gegen diesen Riegel aus? „Anfangs haben wir instinktiv das Richtige gemacht und schnell kombiniert“, erklärte Rösler. „In der zweiten Hälfte haben die Jungs dann nachgedacht und falsche Entscheidungen getroffen.“Sein Rückschluss: „Für uns wäre es besser gewesen, Hübner wäre nicht vom Platz gestellt worden.“