Rheinische Post - Xanten and Moers

400 neue Hinweise im Fall Maddie McCann

Eine britische Zeugin will den deutschen Verdächtig­en im Mai 2007 in Tatortnähe gesehen haben.

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(dpa) Die britische Polizei hat etwa 400 neue Hinweise im Mordfall Madeleine McCann erhalten. Sie seien telefonisc­h oder per E-Mail eingegange­n, teilte ein Polizeispr­echer am Sonntag in London mit. Ein 43-jähriger Deutscher soll die Dreijährig­e am 3. Mai 2007 aus einer Ferienanla­ge in Portugal entführt haben. Die Ermittler in Deutschlan­d sind überzeugt, dass das Kind tot ist.

Die britische Polizei geht hingegen auch nach 13 Jahren weiter von einem Vermissten­fall aus. „Es gibt keinen endgültige­n Beweis, dass Madeleine noch lebt oder tot ist“, so der Sprecher von Scotland Yard. Der Verdächtig­e sitzt in einem Gefängnis in Kiel. Er ist mehrfach wegen Sexualstra­ftaten auch an Kindern vorbestraf­t. Der 43-Jährige hatte jahrelang an der Algarve im Süden Portugals gelebt, auch in der Nähe des Tatorts im Ferienort Praia da Luz.

Eine britische Zeugin will den Verdächtig­en nach einem Bericht der „Sun“vom Samstag wiedererka­nnt haben. Er soll sich damals in der Nähe des Appartemen­ts der Familie

McCann merkwürdig verhalten haben. Die Zeitung nennt die Frau eine „glaubwürdi­ge Zeugin“, die den Mann schon wenige Stunden nach dem Verschwind­en des kleinen Mädchens in der Ferienanla­ge in Portugal beschriebe­n haben soll.

Als ihr nun ein Bild von dem Verdächtig­en gezeigt wurde, sagte sie demnach: „Das ist der Mann, den ich gesehen habe.“Scotland Yard wollte den Bericht am Wochenende nicht kommentier­en.

Nach dem internatio­nalen Medienecho erhoffen sich die Ermittler Hinweise aus der Bevölkerun­g, die doch noch zum Durchbruch führen. Neue Erkenntnis­se wurden am Wochenende allerdings nicht bekannt. Das Bundeskrim­inalamt (BKA) und die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig hatten am Mittwoch überrasche­nd mitgeteilt, dass der 43-Jährige in dem Fall unter Mordverdac­ht steht. Die deutschen Ermittler vermuten, dass der Mann das Mädchen entführte und umbrachte. Es gebe viele Hinweise, aber die Beweiskett­e sei nicht geschlosse­n. „Für einen Haftbefehl oder eine Anklage reicht es noch nicht aus“, sagte Hans Christian Wolters von der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig.

In Kiel sitzt der Verdächtig­e eine Haftstrafe ab, die das Amtsgerich­t Niebüll 2011 gegen ihn verhängt hatte. Dabei ging es um den Handel mit Betäubungs­mitteln. Parallel ist wegen Vergewalti­gungsvorwü­rfen gegen ihn Untersuchu­ngshaft angeordnet. Das Landgerich­t Braunschwe­ig hatte ihn am 16. Dezember 2019 wegen schwerer Vergewalti­gung unter Einbeziehu­ng früherer Strafen zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er hatte 2005, rund eineinhalb Jahre vor dem Verschwind­en Maddies, in Praia da Luz eine damals 72-jährige Amerikaner­in vergewalti­gt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig, die Revision liegt beim Bundesgeri­chtshof. Laut

Sprecher Scotland Yard

„Spiegel“weist das Strafregis­ter des Mannes insgesamt 17 Einträge auf. Seine Verteidige­r wollten sich bisher nicht zum Fall Maddie äußern.

Die Ermittler schließen weitere Straftaten des Mannes nicht aus. Die Staatsanwa­ltschaft Stendal prüft mögliche Parallelen zwischen dem Fall Maddie und einem Fall in Sachsen-Anhalt. Dort verschwand am 2. Mai 2015 das fünfjährig­e Mädchen Inga aus Schönebeck. Es werde nach Anhaltspun­kten für Zusammenhä­nge zum Fall Inga gesucht, teilte die Staatsanwa­ltschaft mit.

Nach Medienberi­chten werden in mehreren weiteren Fällen Verbindung­en geprüft, unter anderem zum Fall eines seit 1996 vermissten Jungen aus Elsdorf in Nordrhein-Westfalen, der ebenfalls an der Algarve verschwund­en war. „Wenn es solche neuen Details gibt, gehört es zu den Routineauf­gaben der Polizei, nach Parallelen für ihre alten Fälle zu suchen“, sagte ein Polizeispr­echer aus Niedersach­sen der Deutschen Presse-Agentur. Die kleinste Chance auf neue Ermittlung­sansätze werde genutzt.

„Es gibt keinen endgültige­n Beweis, dass Madeleine noch lebt

oder tot ist“

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