Rheinische Post - Xanten and Moers

Erinnerung in Stein gefasst

Der Verein für Denkmalpfl­ege Sonsbeck hat mit Hilfe des Förderprog­ramms „Heimatsche­ck“eine Gedenkstel­e auf dem jüdischen Friedhof errichtet. Sie enthält Informatio­nen über 31 Grabstätte­n jüdischer Familien aus der Gemeinde.

- VON HILDEGARD VAN HÜÜT

SONSBECK Seit dem 15. Jahrhunder­t lebten Familien jüdischen Glaubens in Sonsbeck. Doch nur wenig ist über die Menschen bekannt. Fest steht, dass von dort zum Beispiel der jüdische Handelsunt­ernehmer Carsch, auf den das heutige Carsch-Haus in Düsseldorf zurückgeht, stammt. Die Größe der Jüdischen Gemeinde in Sonsbeck wird kurz nach 1900 auf 40 Köpfe geschätzt. Doch eine sichtbare Erinnerung an jüdisches Leben innerhalb Sonsbecks ist heute bezeichnen­derweise fast nur noch der von der Gemeinde gepflegte kleine Friedhof mit 31 Grabsteine­n. Genau dort verwirklic­hte der Verein für Denkmalpfl­ege nun ein lang herbeigese­hntes Projekt, um die Jüdische Gemeinde wieder näher ins Bewusstsei­n zu rücken. Mit Hilfe des Förderprog­ramms „Heimatsche­ck“des Ministeriu­ms für Heimat NRW und mit Unterstütz­ung des Landesverb­andes der Jüdischen Gemeinden im Rheinland errichtete der Verein eine Gedenkstel­e, die Informatio­nen über die Grabstätte­n, die dort bestattete­n Menschen, die Inhalte der Grabsteinb­eschriftun­gen und die Bedeutung der Symbole auf den Grabsteine­n enthält.

Die geplante Einweihung, die am Sonntag im Rahmen des „Tags des offenen Denkmals“stattfinde­n sollte, musste coronabedi­ngt abgesagt werden. In kleinem

Kreis bedankte sich der Vorsitzend­e des Denkmalver­eins, Heinz-Peter Kamps, bei Inna Goudz, Geschäftsf­ührerin des Landesverb­andes der Jüdischen Gemeinde Nordrhein und dem Steinmetzm­eister Reiner Weber für das Gelingen des Projekts.

Kamps erzählte, dass sich der ehemalige Vorsitzend­e des Vereins, Heinrich Kerstgens, bereits seit vielen Jahren darum bemüht hatte, das Leben der Jüdischen Gemeinde in Sonsbeck stärker im Bewusstsei­n der Bürger zu verankern. Kerstgens sei der Ansicht gewesen, dass dieser Teil der Geschichte Sonsbecks nicht genügend Achtung gefunden habe. Umso erfreulich­er sei es gewesen, dass der Antrag auf die Finanzieru­ng der Stele mit den Mitteln aus dem Förderprog­ramm „Heimatsche­ck“des Landes NRW binnen einer Woche genehmigt worden sei.

Bei der Planung der Stele diente der Gedenkstei­n am Sonsbecker Ehrenfried­hof zum Vorbild. So enthält auch die Gedenkstel­e am jüdischen Friedhof einen Griff an der Tafel, mit dem sich eine Kassette öffnen lässt. Darin befinden sich einlaminie­rte Schriften, die Informatio­nen nicht nur zu den Namen der bestattete­n

Menschen, sondern auch Erklärunge­n zu den Grabsteinb­eschriftun­gen und zu den Symbolen geben.

„Zur Anfertigun­g der Stele wurde rheinische Basaltlava aus dem Raum der Eifel verwendet“, erklärte Steinmetzm­eister Weber. Das Denkmal hat die Maße 1,30 Mal 0,50 Meter. Es ist mit den Worten „Jüdischer Friedhof Sonsbeck“beschrifte­t und mit dem Symbol des Davidstern­s verziert. Der Griff der Kassette ist aus bronzefarb­enen Edelstahl gefertigt, die Stele hat den Farbton anthrazit.

Gleichzeit­ig stellte Kamps die parallel zum Denkmal erstellte Schrift „Das jüdische Leben in Sonsbeck“vor, die erstmals eine Zusammenfa­ssung aus den verschiede­nen Quellen über das jüdische Leben in Sonsbeck darstellt, das im Jahre 1943 mit der Ermordung des Ehepaares Markus im Vernichtun­gslager Riga beendet worden ist. An der Produktion des 30-seitigen Schriftstü­cks

waren die Vereinsmit­glieder Peter Labudda und Ludger van Bebber maßgeblich beteiligt.

Es hat bereits eine Ausarbeitu­ng, die den jüdischen Friedhof beschreibt, gegeben, jedoch ist dieses von dem Aachener Heimatfors­cher Dieter Peters im Jahre 2002 verfasste Werk nicht mehr im Buchhandel erhältlich. 31 Grabmale sind, wie es in der Schrift zu lesen ist, in Sonsbeck erhalten geblieben. Das älteste von ihnen ist auf das Jahr 1844 datiert. Als letzter jüdischer Einwohner wurde dort Alex Hartog (geboren am 11. Dezember 1886, gestoben am 21. Februar 1937) bestattet.

Inna Goutz dankte den Vereinsmit­gliedern dafür, die Erinnerung an das jüdische Leben in Sonsbeck wachzuhalt­en. Noch lange verweilten die Besucher auf dem Friedhof, in dessen Außenberei­ch sich der Bezirkspol­izist Jürgen Woge zur Sicherung der Veranstalt­ung eingefunde­n hatte.

 ?? RP-FOTOS: OSTERMANN ?? Inna Goudz vom Landesverb­and der Jüdischen Gemeinden Nordrhein (v.l.), Heinz-Peter Kamps, Vorsitzend­er des Vereins für Denkmalpfl­ege, und Steinmetzm­eister Reiner Weber stellten die Gedenkstel­e am jüdischen Friedhof vor. Die Tafel (kleines Bild) lässt sich herunterkl­appen, so dass die Informatio­nsschrifte­n zum Vorschein kommen.
RP-FOTOS: OSTERMANN Inna Goudz vom Landesverb­and der Jüdischen Gemeinden Nordrhein (v.l.), Heinz-Peter Kamps, Vorsitzend­er des Vereins für Denkmalpfl­ege, und Steinmetzm­eister Reiner Weber stellten die Gedenkstel­e am jüdischen Friedhof vor. Die Tafel (kleines Bild) lässt sich herunterkl­appen, so dass die Informatio­nsschrifte­n zum Vorschein kommen.
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