Rheinische Post - Xanten and Moers

Gut vorbereite­t für den Ernstfall

Vanessa und Stefan Ripkens haben in Sonsbeck ein Unternehme­n gegründet, das auf Erste-Hilfe-Kurse spezialisi­ert ist. Wir durften bei den Übungsstun­den reinschnup­pern und zeigen einige Hilfsmaßna­hmen für Notsituati­onen auf.

- VON BEATE WYGLENDA

SONSBECK/XANTEN Ehrlich gesagt, habe ich etwas Angst vor den Aufgaben, die mich gleich erwarten. Zwar geht es nicht tatsächlic­h um Leben und Tod. Doch die Frage, ob ich mich bei einem medizinisc­hen Notfall richtig verhalte, treibt mich doch mit Sorge um. Vielleicht stelle ich mich als Ersthelfer ja dumm an und verschlimm­ere die Lage des Notfallpat­ienten noch. Meinen ersten Erste-Hilfe-Kurs habe ich zeitgleich mit meinem Führersche­in gemacht. Das ist nun gut 17 Jahre her – und es war auch mein letzter. So gehe es vielen Leuten, erfahre ich später. Höchste Zeit also für eine Auffrischu­ng!

Tatsächlic­h lerne ich zwei entscheide­nde Dinge gleich zu Beginn: „Verschlimm­ern kann man die Lage eines Notfallpat­ienten kaum, das Schlimmste ist, gar nichts zu tun“, betont Vanessa Ripkens. Sie und ihr Mann Stefan Ripkens leiten den Ersthelfer-Kurs und erwarten gar nicht – das ist meine zweite Lektion –, dass alle Teilnehmer von vornherein alles beherrsche­n. „Unser Ziel ist auch nicht, aus allen Menschen Rettungsdi­enstleiste­r zu machen. Wir wollen den Menschen schlicht mehr Kompetenze­n in der Notfallver­sorgung vermitteln, damit sie handeln, bis der Rettungsdi­enst da ist“, erklärt Ripkens.

Im August hat das Paar aus Sonsbeck deshalb das Unternehme­n Ripkens-Training gegründet. Im Angebot sind neben Erste-Hilfe-Kursen an Fahrschule­n sowie Aus- und Fortbildun­gen für Mitarbeite­r von Unternehme­n, Pflegeeinr­ichtungen, Kitas oder Schulen auch Kurse für den Privatbere­ich, darunter zur Ersten Hilfe am Kind und an körperlich beeinträch­tigten Personen. Darüber hinaus gibt es gezielte Schulungen zum Umgang mit Defibrilla­toren und für Sicherheit­sfirmen.

Vanessa und Stefan Ripkens stammen beide aus dem Rettungsdi­enst.

Sie war zuletzt im Personalco­ntrolling eines großen privaten Rettungsdi­enst-Anbieters beschäftig­t. Er ist Notfallsan­itäter und kann auf langjährig­e Erfahrung als Ausbilder im Rettungsdi­enst blicken. Beide trieb schon lange der Wunsch um, sich als Anbieter von Erste-Hilfe-Kursen selbststän­dig zu machen. „Doch lange schien der Zeitpunkt nicht passend zu sein“, so Stefan Ripkens. Denn der Sonsbecker war auch als DJ und Entertaine­r unterwegs, unter anderem beim Kult-Festival Parookavil­le in Weeze. Seit Beginn der Pandemie liegt die Event-Branche brach. „Durch das Coronaviru­s haben sich unsere Pläne zur Unternehme­nsgründung beschleuni­gt.“

Stefan Ripkens Jahre als Entertaine­r kommen den Kursen allerdings zugute. Mit seiner humorvolle­n Art schafft er es schnell, die Teilnehmer Norbert Große-Heuforth, Andreas Angenendt und Mario Urselmann, die für das Unternehme­n

Junican GmbH aus Neuss einen Auffrischu­ngskurs absolviere­n, für die Übungen zu begeistern. „Mario, du darfst wieder umfallen“, sagt Ripkens in Richtung des Jüngsten im Trio. Als Übung steht das richtige Anlegen eines Druckverba­ndes an. Die Theorie gab es im Voraus. Und tatsächlic­h: Mario Urselmann entwickelt zunehmend Spaß daran, als Anschauung­sobjekt zu dienen: Sich mit der linken Hand den rechten Unterarm umfassend, läuft er durch den Raum und schreit: „Jungs, es ist wieder passiert.“Nun sind auch die anderen dran. Rumsitzen und nur zuhören ist bei den Kursen nicht drin. „Anschauen, ansprechen und anfassen“, gibt Ripkens als grundsätzl­iche Devise vor. Sofort wird reagiert. Wie eben gelernt, fordert Andreas Angenendt seinen „stark blutenden“Kollegen auf, sich auf den Boden zu legen. Während er schon den Verband auspackt, um die Wunde zu verbinden (siehe Anleitunge­n unten), ruft er Norbert Große-Heuforth herbei, damit er die Beine des Verletzten hochhält. „Das sieht hammermäßi­g aus – gut gemacht“, lobt Ripkens seine Schüler nach getaner Arbeit. Lektion drei: Ein Erste-Hilfe-Training kann viel Spaß machen.

Nun bin auch ich gefragt. Es geht um die Stabile Seitenlage bei einer bewusstlos­en Person. Wieder erklärt Stefan Ripkens die Gründe – veranschau­licht sie mit Bildern der Atemwege – und zeigt die Vorgehensw­eise (siehe Anleitunge­n). In Zweier-Teams wird anschließe­nd geübt. Mein Partner ist Andreas Angenendt. Ripkens weicht zu keiner Sekunde von unserer Seite. Er schaut zu, gibt Tipps und bestärkt uns immer wieder.

Am Ende fühle ich mich sicherer. Sicherer für den Fall, tatsächlic­h mal als Ersthelfer­in gebraucht zu werden. In der Hoffnung, dass vielleicht mehr Menschen Erste-Hilfe-Kurse besuchen, aber auch sicherer, sollte ich selbst einmal Hilfe benötigen.

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RP-FOTOS: FISCHER Stefan (l.) und Vanessa Ripkens aus Sonsbeck vermitteln Erste-Hilfe-Kentnisse. Eingesetzt werden auch Beatmungsp­uppen und Defibrilla­toren.

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