Rheinische Post - Xanten and Moers
Kühlen Kopf bei Astrazeneca bewahren
Was für ein Desaster! Kaum haben Experten die ersten Bedenken gegen den Impfstoff von Astrazeneca ausgeräumt, kommt er wieder ins Gerede. Nun sorgen Thrombose-Fälle für Aufsehen. Gewiss: Es ist richtig und wichtig, dass die Experten den Fällen gründlich nachgehen. Eine Impfstoff-Kampagne braucht vor allem Vertrauen, und das sichert man durch Transparenz. Dennoch besteht kein Grund für Panik: 1,6 Millionen Menschen haben in Deutschland Astrazeneca erhalten, sieben haben eine Thrombose erlitten. Thrombosen bekommen Menschen auch ohne Impfung. Nun müssen Experten klären, ob es überhaupt einen ursächlichen Zusammenhang gibt. Ärgerlich ist gleichwohl, dass die staatlichen Impfstoff-Überwacher noch am Freitag Entwarnung geben und nun plötzlich dem Bundesgesundheitsminister einen Stopp empfehlen. So schürt man Misstrauen, was in der Sache vielleicht gar nicht angebracht ist.
Für die Impfkampagne ist das Ganze ein Schlag. Erneut rächt sich, dass Jens Spahn sich zunächst einseitig auf Astrazeneca festgelegt und entsprechend viel bestellt hatte. Zudem sollte der Impfstoff wegen seiner einfachen Logistik das Mittel schlechthin für Praxen und Betriebsärzte werden. Nun bleibt Spahn nichts anderes übrig, als dem Rat der Experten zu folgen und den Impfstopp zu verhängen. Astrazeneca dürfte sein Imageproblem kaum mehr los werden, auch wenn der Stopp wieder aufgehoben werden sollte. Spahn droht erneut von einem voreiligen Versprechen „Impfangebot für alle bis Sommer“eingeholt zu werden. Das kann er ohnehin kaum halten, weil die Impfung der Kinder nicht vor Jahresende beginnen wird. Wenn jetzt noch Astrazeneca ausfällt, wird es nicht mal für die Erwachsenen etwas. Spahn festigt seinen Ruf als überforderter Ankündigungsminister.
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