Rheinische Post - Xanten and Moers
Laschet gerät in NRW unter Druck
Die Auswirkungen der Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werden auch in NRW deutlich zu spüren sein. Für Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wird das Regieren nun schwieriger.
DÜSSELDORF Die Auswirkungen der Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werden auch in NRW deutlich zu spüren sein. Armin Laschets Koalitionspartner FDP fühlt sich bestätigt und schöpft durch die Ergebnisse neues Selbstbewusstsein. Zuletzt hatten sich die Liberalen publikumswirksam da zu Wort gemeldet, wo die Einschränkungen der bürgerlichen Freiheitsrechte ihnen zu weit gingen. Etwa, wenn Kommunen Verweilverbote in Innenstädten beschlossen oder eine Maskenpflicht für Jogger einführten.
In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz kann die FDP nun zum entscheidenden Faktor in einer Ampelkoalition werden – auch das stärkt ihr Selbstbewusstsein in NRW. Es ist davon auszugehen, dass die FDP-Minister in NRW – Familienminister Joachim Stamp, Schulministerin Yvonne Gebauer und Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart
– künftig im politischen Tagesgeschäft in NRW fordernder auftreten und sich vehementer für mehr Öffnungen und weniger Kontrollen der Corona-Auflagen stark machen.
In NRW etwa ist es maßgeblich auf die FDP zurückzuführen, dass die Einhaltung der Kontaktbeschränkungen in Privatwohnungen monatelang nicht umgesetzt worden war. Die CDU wiederum ist durch die miserablen Wahlergebnisse in die Defensive geraten. Deutlich wird, dass Regierungsbildungen in den Ländern ohne die Konservativen künftig möglich sind. Und das gilt auch für NRW: Eine Ampel unter Führung der Grünen ist jüngsten Wählerumfragen zufolge auch hier eine realistische Option. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, dass sich die FDP in NRW stärker von ihrem Koalitionspartner
CDU abgrenzt und mehr Gemeinsamkeiten mit der SPD und den Grünen findet. Auch das macht das Regieren für Laschet nicht einfacher.
Für Bürger in NRW bedeutet das schlechte Abschneiden der CDU, dass Laschet künftig noch viel stärker durch seine Rolle als Bundesvorsitzender der Partei in Berlin in Anspruch genommen sein wird. Die Maskenaffäre aufzuklären, seine Position als Kanzlerkandidat zu verteidigen und die CDU programmatisch auf die Bundestagswahl auszurichten, werden ihn stark auslasten. Am Montagvormittag zum Beispiel war Laschet in Berlin gefordert – während gleichzeitig in NRW die Empörung über Schulöffnungen bei hohen Inzidenzen wächst. Die Frage, die jetzt zu klären ist, lautet: Gilt die landesweite Inzidenz-Obergrenze von 100 noch? Diese Frage kann eine Schulministerin allein nicht beantworten, dazu braucht es auch den Ministerpräsidenten.