Rheinische Post - Xanten and Moers
Staake entschuldigt sich für frühe Impfung
Der 67-jährige Duisport-Chef wurde vorzeitig geimpft. Entgegen eigener Aussage erhielt er keine „Restdosis“, sondern eine für Senioren.
DÜSSELDORF/DUISBURG Einer der angesehensten Manager von NRW steht möglicherweise vor dem unfreiwilligen Rücktritt. Nachdem unsere Redaktion am Mittwoch berichtet hatte, dass der Chef des Duisburger Hafens (Duisport), Erich Staake, sich als 67-jähriger schon am 13. Januar gegen Corona hatte impfen lassen, obwohl laut der damals gültigen Impf-Priorisierung nur über 80-Jährige sowie Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeheimen an der Reihe waren, hatten sich Politikvertreter in Stadt und Land entsetzt gezeigt. Besondere Brisanz erlangte dieser Vorgang dadurch, dass Staake diese außer der Reihe stattfinde Impfung ausgerechnet in einem Duisburger Altenstift erhielt, in dem er im Beirat sitzt.
Die Lage verschlimmerte sich für den Duisport-Chef nun dadurch, dass sich wichtige Aussagen in seiner Rechtfertigung als falsch herausstellten. So hatte er über den Pressesprecher des Hafens mitteilen lassen, nur „Restdosen“von Impfstoff in diesem Altersheim erhalten zu haben. Doch die Stadt Duisburg stellte nun klar, dass er von Impfdosen profitiert hatte, die eigentlich für die Bewohner und Mitarbeiter des Heimes reserviert waren. Dies sei geschehen, indem ein vom Heim beauftragter Arzt einige eigentlich reservierte Impfdosen nahm und damit Staake und einige andere Personen in einem Nebenraum impfte.
Im Ergebnis waren dann am Ende zu wenige Dosen für die eigentlich bezugsberechtigten Personen übrig. Die Stadt konnte dann das Problem nur lösen, indem sie einige Mitarbeiter des Hauses spontan ins Duisburger Impfzentrum schickte. „Da hört bei mir jedes Verständnis auf“, sagte Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD).
Am Donnerstagnachmittag folgte der Paukenschlag. Zuerst entschuldigte sich Staake in einer persönlichen Erklärung: „Mein Verhalten war falsch“, schreibt er darin. Insbesondere sei falsch gewesen, dass er den Eindruck erweckt hätte, er habe sich aus beruflichen Gründen impfen lassen. Zuvor hatte er detailliert schildern lassen, er habe in seiner Funktion als Duisport-Chef Dienstreisen nur unternehmen können, wenn er geimpft sei. Angesichts der Tatsache, dass selbst die Bundeskanzlerin öffentlich mehrfach erklärt hatte, sie verzichte trotz ihres Amtes darauf, vorrangig immunisiert zu werden, war diese Aussage bei Bürgern wie Poltikern auf hgroßes Unverstädnis gestoßen. Nun also stellte Staake klar, worum es ihm wirklich ging: „Bei der Wahrnehmung eines kurzfristigen Impftermins hat die Sorge um meine persönliche Gesundheit im Vordergrund gestanden.“
Als Reaktion darauf gab die Duisburger Hafen AG, die zu zwei Drittel vom Land und zu einem Drittel von der Stadt Duisburg kontrolliert wird, bekannt, „zur Erörterung des Vorgangs“werde es eine außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrates geben, um über „das persönliche Fehlverhalten“von Staake zu beraten. Hendrik Schulte, Staatssekretär im NRW-Verkehrsministerium, sagte: „Herr Staake hat für sein persönliches Fehlverhalten um Entschuldigung gebeten und klargestellt, dass die vorzeitige Impfung in keinem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit für den Duisburger Hafen steht. Diese Erklärung war notwendig.“
Ob auf der Aufsichtsratssitzung die Abberufung von Staake entschieden wird, war am Donnerstagabend offen. Erstaunlich wäre sie nach Dafürhalten von Beobachtern nicht. Kenner der Landesregierung glauben, dass auch NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) auf einen Rücktritt von Staake drängt. „Er will Nachfolger von Armin Laschet als Ministerpräsident werden“, hieß es aus Landtagskreisen. „Da muss er bei einem so sensiblen Thema durchgreifen.“
Das Verkehrsministerium hatte bereits im Dezember angekündigt, Staake werde im November gehen. Er würde mit dann 68 Jahren zwei Jahre später in Rente gehen als „normale“Berufstätige, jetzt könnte sich der Abschied eben beschleunigen. Zumindest Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionschef im Landtag drängt auf einen schnellen Wechsel: „Staakes Verhalten ist moralisch untragbar“, sagte er am Donenrstag. „Er sollte daraus die Konsequenzen ziehen und zurücktreten.“
Ins Rollen gebracht hatte dies Krise ein anonymer Brief an unsere Redaktion: In dem Schreiben war detailliert geschildert worden, dass Staake sich das erste Mal in Duisburg in einem Haus der Hewag-Seniorenstifte am 13. Januar hatte impfen lassen; auch der zweite Impftermin am 3. Februar war benannt worden. Zuerst versuchte der
Hafen eine Anfrage zu dem Thema abzuwehren, weil es sich um eine „Privatangelegenheit“des Chefs handle, dann jedoch räumte Staake die genannten Punkte ein.
In der Politik in Düsseldorf und in Duisburg kam sehr schlecht an, dass Staake sich nach 22 Jahren als Chef von Duisport quasi selbst auf auf die Überholspur setzte. Der Duisburger Hafen sei als „systemrelevantes Unternehmen“eingestuft worden, ließ er mitteilen.
Wie Staake rein praktisch an die Impfung kam, scheint klar: Er unterhält beste Beziehungen zur Hellmich-Gruppe in Dinslaken, der die Hewag Seniorenstifte gehören. Er sitze im Beirat, erklärt er unserer Redaktion, er habe dem Heim beim ersten Lockdown geholfen, „Schutzkleidung und Schutzmasken in kürzester Frist“zu erhalten. Das Heim rechtfertigt auf Anfrage, den Hafenchef immunisieren zu lassen, obwohl er auf der Liste der Geimpften nicht vorkam: „Gerade in Bezug der Corona-Pandemie war der Rat von Herrn Staake besonders wichtig und hilfreich. Aus unserer Sicht sind die Impfungen Herrn Staakes nicht zu beanstanden.“
Auf die Frage unserer Redaktion, warum auch eine Bremer Unternehmerin an der Impfung teilgenommen haben soll, gibt das Heim keine Antwort: Staake selbst ließ dazu erklären, die Frau sei „ausdrücklich nicht die Lebenspartnerin“von ihm. Laut Stadt Duisburg wurden „vier bis fünf Personen geimpft, die heimfremd waren“.