Rheinische Post - Xanten and Moers
Reform der Champions League vertagt
Die Entscheidung fällt erst später. Statt am Mittwoch will die Uefa erst Mitte April die neue Königsklasse beschließen. Für die Klubs ist es ein Kompromiss in schweren Zeiten, die organisierten Fans sind mal wieder bedient.
FRANKFURT (dpa) Welche Schlüsse zieht man aus einem extrem vollen Terminkalender mit zahlreichen Englischen Wochen? Die Europäische Fußball-Union Uefa hat diese Entscheidung vertagt und will erst am 19. April – und nicht wie zunächst geplant am Mittwoch – die Reform der Champions League beschließen. Diese lässt sich im Kern so zusammenfassen: 36 Teilnehmer statt 32 und bis zu zehn Vorrundenspieltage statt sechs sowie maximal 100 zusätzliche Partien für die Königsklasse, die ab der Saison 2024/25 im immer dichteren Spielplan unterzubringen sind. Mehr Partien bedeuten in diesem Zusammenhang auch: mehr Geld.
Das Thema soll zwar am Mittwoch im Exekutivkomitee diskutiert werden, eine Entscheidung aber erst in knapp drei Wochen fallen. Bei einer vorbereitenden Sitzung am Dienstag wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch Abstimmungsbedarf festgestellt.
Die von der Corona-Krise schwer gebeutelten Klubs in Deutschland sehen in dem möglichen neuen Modus gleich aus zwei Gründen einen annehmbaren Kompromiss. In Zeiten leerer Stadien und Umsatzeinbußen dürften sich die Uefa-Pläne finanziell rechnen. Zudem wäre so eine geschlossene Super League für Europas Elite zunächst vom Tisch. „Das haben wir, so wie es aussieht, auch durch unsere starke, einvernehmliche Position als Bundesliga verhindern können“, sagte Leverkusens Klub-Chef Fernando Carro der Deutschen Presse-Agentur.
Auch BVB-Boss Hans-Joachim Watzke verwies auf die finanziellen Verluste in „unfassbaren Dimensionen“und steht dem neuen Modell offen gegenüber. „Der entscheidende Punkt, warum ich für das Schweizer Modell eintrete, ist, dass es in meinen Augen der einzige Weg ist, um eine Super League der internationalen Topklubs zu verhindern“, sagte Watzke den „Ruhr Nachrichten“.
Das so genannte Schweizer Modell bedeutet, dass die künftig 36 Teilnehmer in einer Art Liga-Modus antreten und ihre zehn Spieltage gegen ausgewählte Gegner bestreiten. Analog zur großen Reform, mit der die Uefa die EM von 16 auf 24 Teilnehmer aufstockte, drohen hier unübersichtliche Rechenspiele. Wie wird bestimmt, wer gegen wen antritt? Bringt jeder Sieg gleich viele Punkte? Wie verhindert man, dass ein Team auf Barcelona, Chelsea und Juve trifft, während ein anderes gegen Prag, Athen und Rapid Wien antreten darf? Das alles sind Fragen, die das Uefa-Exekutivkomitee noch beantworten muss.
Das Modell mit zehn Vorrundenspielen
pro Team bevorzugt die mächtige Klubvereinigung ECA. Der Zusammenschluss der Europäischen Ligen plädiert für acht Gruppen-Spieltage, was 64 zusätzliche Partien bedeuten würde. „Wir müssen ehrlich sein und sagen, dass die Klubs mehr Einfluss haben“, sagte jedoch bereits Lars-Christer Olsson von der Vereinigung European Leagues, zu dem auch die Deutsche Fußball-Liga gehört.
Als Argumente für die Reform sehen die Vereinsvertreter, dass der übliche Zugang über die nationalen Ligen erhalten bleibt. Durch das neue Modell wird zudem die Gruppenphase ersetzt, die in den vergangenen Jahren immer wieder in der Kritik stand, weil stets die gleichen Topteams weiterkamen und die Partien am vorletzten und letzten Spieltag häufig wertlos waren. Dass über die vier zusätzlichen Tickets Vereine für eine europäische Zehn-Jahres-Wertung belohnt werden können, minimiert für die großen Vereine in schlechten Ligajahren das Risiko, mal nicht Champions League zu spielen.
Für die Fans ist der Umstand, dass eine undurchlässige Super League der Superreichen abgewendet zu sein scheint, bei weitem nicht genug. Die Initiative „ProFans“bezeichnete die beabsichtigten Änderungen am Montag als „einen Schlag ins Gesicht der Fans – und zwar europaweit“. Zuvor hatten sich andere Gruppen ähnlich geäußert.
Die „Geldmaschinerie“solle „noch viel ertragreicher laufen als bisher“, prangerten die Fans an. Und tatsächlich werden die Forderungen der derzeit coronabedingt von den Rängen verbannten Fans nach mehr Chancengleichheit, weniger Spielen und weniger finanziellen Unterschieden mit den Planen konterkariert. Im winterpausenlosen England könnte das für Klubs wie Man City oder Liverpool bedeuten, dass man zusätzlich zu 38 Ligaspielen und zwei Pokalwettbewerben auch noch bis zu 19 Champions-League-Begegnungen hätte – bislang waren 13 das Maximum.
Leverkusens Carro sagt dazu: „Natürlich müssen wir dringend die Bedürfnisse der Fans hören und berücksichtigen, die Bundesliga lebt in besonderem Maße von ihrer Fanund Stadionkultur. Aber wir müssen auch akzeptieren, dass Fußball ein Milliarden-Geschäft geworden ist, dass verschiedene Länder, Ligen, Vereine unterschiedliche Interessen verfolgen.“Es gehe darum, „einen am Ende für alle Seiten tragfähigen Kompromiss zu finden“.