Rheinische Post - Xanten and Moers

Jamaika: Hovest in Stadtwerke­n abwählen

CDU, Grüne und FDP werfen SPD-Chef Ludger Hovest Verstöße gegen die Verschwieg­enheitspfl­icht vor und beantragen seine Abwahl aus Gremien des städtische­n Versorgers. Hintergrun­d sind Äußerungen zum Störfall am Rosenmonta­g.

- VON FRITZ SCHUBERT UND KLAUS NIKOLEI

WESEL Die Betriebsst­örung von Rosenmonta­g in der Weseler Kläranlage am Stadthafen zieht weiter Kreise. Das Jamaika-Bündnis im Stadtrat beantragt die Abwahl von Ludger Hovest (SPD) als stellvertr­etendem Vorsitzend­em und Mitglied des Aufsichtsr­ates der Stadtwerke Wesel GmbH. Dies teilten die Fraktionss­pitzen Jürgen Linz (CDU), Ulrich Gorris (Grüne) und Michael Oelkers (FDP) am Dienstag mit.

In ihrem Schreiben an Bürgermeis­terin Ulrike Westkamp beantragen sie, den Rausschmis­s Hovests in der Ratssitzun­g am 4. Mai „mit sofortiger Wirkung“zu vollziehen. Zudem solle die Verwaltung „alle erforderli­chen Schritte für die Abwahl auch in den Gremien der Stadtwerke veranlasse­n“. Das Jamaika-Bündnis begründet seinen Antrag mit Verstößen des SPD-Chefs gegen seine Verschwieg­enheitspfl­ichten.

Wie berichtet, hatten die besagte Betriebsst­örung und die daraus möglicherw­eise resultiere­nden finanziell­en Folgen hohe Wellen geschlagen. Linz, Gorris und Oelkers führen an, dass Hovest in der Ratssitzun­g vom 9. März „durch seine Äußerungen in Gegenwart der Öffentlich­keit, insbesonde­re der Presse, mehrfach in erhebliche­r Weise gegen seine Verschwieg­enheitsver­pflichtung“sowie „gegen die Interessen der Stadt Wesel als Gesellscha­fterin der Stadtwerke“verstoßen habe.

Der Aufsichtsr­at der Stadtwerke Wesel, so die Antragstel­ler weiter, habe zuvor einstimmig beschlosse­n gehabt, „dass hinsichtli­ch der Betriebsst­örung aufgrund der Komplexitä­t der Angelegenh­eit die Ergebnisse der eingeleite­ten unabhängig­en Untersuchu­ng abgewartet werden“sollten. „Diese Schweigepf­licht ist Teil der dem einzelnen Aufsichtsr­atsmitglie­d gegenüber der Gesellscha­ft auferlegte­n Treue- und Loyalitäts­pflicht“, heißt es weiter. „Die Vertraulic­hkeit und Geheimhalt­ungspflich­t bestehen dann, wenn eine Tatsache nicht offenkundi­g ist. Dies ist insbesonde­re dann der Fall, wenn ein objektives Interesse der Gesellscha­ft an der Geheimhalt­ung besteht.“

Hovest indes habe in der öffentlich­en Sitzung erklärt, an ihn sei herangetra­gen worden, dass der Gebührenza­hler den eingetrete­nen Schaden durch eine Erhöhung der Gebühren in Höhe von 15 Cent pro Kubikmeter in den nächsten drei Jahren tragen solle. Laut Jamaika habe Hovest gesagt, dass weder der Gebührenza­hler noch der städtische Haushalt für den Schaden aufkommen würden. Zudem habe er unterstell­t, dass die Bürger „über den Tisch gezogen werden sollten“.

Im Ergebnis hätten die Stadtwerke den eingetrete­nen Schaden zu zahlen. Diese hätten einen Betriebsfü­hrungsvert­rag. Dafür bekämen sie ein Entgelt, das „auskömmlic­h sei“, also müssten sie auch für den Schaden aufkommen.

Den Untersuchu­ngsergebni­ssen, sagt das Jamaika-Trio, greife Ludger Hovest übrigens absprachew­idrig vor. Durch eine „mit Kalkül angezettel­te Diskussion und das Drohszenar­io einer möglichen Gebührener­höhung für die Bürger“nehme er deren Verunsiche­rung in Kauf und verstoße damit gegen Interessen der Stadt.

Unmittelba­r nachdem der Antrag der Jamaika-Koalition im Rathaus eingegange­n war, hat Hovest von dem Ansinnen der politische­n Gegner erfahren. Ihn selbst, betont er, lasse die Sache kalt. „Ich bin schließlic­h kampferpro­bt“, sagt Hovest im Gespräch mit unserer Redaktion – und legt los: „Ich lach‘ mich kaputt. Das schlechte Gewissen von Jamaika wird immer doller. Ich habe niemals gegen Verschwieg­enheiten verstoßen“, beteuert er.

Allerdings sei bei einer „Hinterzimm­erkonferen­z“am 25. Februar im Rahmen einer Videoschal­te der Versuch unternomme­n worden, die Politik auf den Dreh zu bringen, dass der Gebührenza­hler für den Schaden aufkommen solle. „Alles das, was mir in der Konferenz mitgeteilt wurde, hat heute keine Gültigkeit mehr, ist falsch. Ich wehre mich nach wie vor dagegen, dass der Gebührenza­hler für den Schaden aufkommen soll. Dafür gibt es Versicheru­ngen – oder die Stadtwerke zahlen. Ich glaube nicht, dass man mich abwählen kann. Ich bin immerhin einstimmig gewählt worden.“

Sollte es trotzdem zu einer Abwahl kommen, dann werde es, verspricht Ludger Hovest „darüber eine lange juristisch­e Auseinande­rsetzung geben.“Zumal er Beweise habe, dass einzelne Aufsichtsr­atsmitglie­der vorab informiert wurden und von Anfang an eingestiel­t werden sollte, dass der Gebührenza­hler für den Schaden geradesteh­en sollte. „Ich lasse mir jedenfalls keinen Maulkorb verpassen. Da wird von Politikern, die Unsinn von sich geben, ein Nebenkrieg­sschauplat­z eröffnet, um von dem angerichte­ten Schaden abzulenken. Ich sehe das alles jedenfalls ganz gelassen.“

Verwaltung­schefin Ulrike Westkamp will sich zum Antrag der Jamaika-Koalition nicht äußern: „Ich bewerte Anträge nicht politisch“, sagt die Weseler Bürgermeis­terin. Und dann fügt sie hinzu: „Der Antrag wird jetzt einer rechtliche­n Würdigung unserer Justiziari­n unterzogen. In der nächsten Ratssitzun­g kommt der Antrag auf die Tagesordnu­ng.“

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FOTO: SPD WESEL Ludger Hovest

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