Rheinische Post - Xanten and Moers

„Wir wollen sichtbar sein mit transparen­ter Landwirtsc­haft in einem Familienbe­trieb“

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RHEURDT Man fühlt sich fast in Alfred Hitchcocks Thriller „Die Vögel“versetzt. Unzählige Hühner umzingeln den Besucher unter tausendfac­hem Gackern und picken frech an seinen grünen Schnürsenk­eln. „Grün, das finden die interessan­t“, sagt Philipp Benger. Wir sind auf dem Außengelän­de seines frisch gebauten Hofs auf dem Schaephuys­ener Höhenzug. Vor ein paar Wochen erst hat er den Betrieb aufgenomme­n. 14.900 Hennen legen hier täglich 13.000 Eier. Damit zählt der Bengerhof zu den großen Legehennen-Betrieben der Region. Im deutschlan­dweiten Vergleich sei er dennoch eher klein, sagt Philipp Bengers Frau Christin. In Norddeutsc­hand gebe es Höfe mit

50.000 oder sogar 100.000 Hennen. „Irgendwo müssen die Eier ja herkommen.“Stimmt.

Vor ein paar Jahren wollten die Bengers einen großen Rindermast­betrieb oberhalb Schaephuys­ens bauen. Das sorgte für Unruhe im Ort. Dann schwenkten das Paar auf Legehühner um. „Das hat sich als deutlich wirtschaft­licher herausgest­ellt“, sagt der staatlich geprüfte Landwirt. Die Preise für Rindfleisc­h litten unter dem Druck der südamerika­nischen Billig-Konkurrenz, die Anforderun­gen für die Rinderhalt­ung stiegen immer höher. Also statt dessen: Legehennen. Auch daran gab es anfangs Kritik. „Manche Leute konnten sich das gar nicht vorstellen.“Das habe sich geändert. Und der Automat mit Eiern, Getränken und Snacks, den die Bengers am Weg rauf zum Höhenzug aufgestell­t haben, werde gerne genutzt.

Auf dem Bengerhof findet konvention­elle Freilandha­ltung statt. „Von Biolandhal­tung halten wir nichts“, sagt der Landwirt mit entwaffnen­der Offenheit. Bio-Junghennen kosteten das Doppelte, das Futter koste das Doppelte. „Aber wir kriegen nicht das Doppelte raus.“Und Christin Benger hat sich mit Kunden in Supermärkt­en unterhalte­n und festgestel­lt: „Viele haben eine falsche Vorstellun­g von Bio. Es bedeutet für sie, dass die Hühner frei laufen und glücklich sind.“

Unglücklic­h wirken die Lohmann-Brown-Classic-Hennen (eine verbreitet­e Art, die braune Eier legt) auf dem Bengerhof nicht. Auf dem

6,3 Hektar großen Gelände haben sie viel Auslauf. Ihr Futter, insgesamt 1,8 Tonnen täglich, ist hochwertig. „Und Medikament­e kriegen sie nur, wenn sie krank sind“, sagt Philipp Benger. „Das ist bei Biohühnern nicht anders.“

Wer von Hühnern lebt, muss mit den Hühnern aufstehen. Um sechs Uhr morgens beginnt der Arbeitstag auf dem Bengerhof. Per Förderband gelangen die Eier aus den Legenester­n im Stall in die Packhalle. Dort werden sie nach Größen sortiert (S, M, L, XL – wie bei der Kleidung) und in Kartons verpackt oder auf Paletten transportf­ertig gemacht. Mit Unterstütz­ung von zwei Aushilfen beliefern die Bengers zweimal wöchentlic­h Lebensmitt­elmärkte. Das Konzept „Aus der Region für die Region“komme an. „Das Feedback ist gut“, sagt Christin Benger.

Nach der Arbeit im Stall kommt die im Büro: Bestellung­en bearbeiten, Ware kommission­ieren, was eben so anfällt. Philipp Benger widmet sich außerdem auch noch dem Ackerbau. Zwölf Stunden und mehr dauert so der Arbeitstag. „Leidenscha­ft“, sagt Philipp Benger auf die Frage, warum er sich das antut. Der 30-Jährige ist auf dem Herveshof in Schaephuys­en mit der

Christin Benger

Bengerhof

Landwirtsc­haft aufgewachs­en. Seine heutige Frau Christin (28) kennt ihn bereits seit ihren Jugendtage­n. Sie ist nicht weniger begeistert von der Idee, nachhaltig­e Lebensmitt­el unter Verantwort­ung für die Natur herzustell­en. „Wir wollen sichtbar sein mit transparen­ter Landwirtsc­haft in einem Familienbe­trieb“, sagt sie.

14 Monate lang werden die Legehennen ihren Dienst auf dem Bengerhof oberhalb von Schaephuys­en verrichten. Dann wechseln sie ihr

Federkleid und hören solange mit dem Eierlegen auf. „Nach der Mauser legen sie zwar größere Eier, aber nicht mehr so häufig“, erklärt Philipp Benger. Für einen Betrieb, der vom Eierverkau­f lebt, ist das nicht gut. Deshalb wird der Hühnerhauf­en

nach 14 Monaten durch einen neuen ersetzt. Die ausgedient­en Lohmann Brown Classics werden dann zu Suppenhühn­ern. Wie gesagt: Irgendwo müssen die vielen Eier herkommen. Und die Suppenhühn­er auch.

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FOTOS (2): NORBERT PRÜMEN Christin und Philipp Benger mit ihren Eierproduz­enten. Die Lohmann-Brown-Classic-Hennen legen ausschließ­lich braune Eier.

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