Rheinische Post - Xanten and Moers
Im „Adler“schmeckt’s auch ohne Fleisch
Das Küchen-Team des genossenschaftlich geführten Restaurants in Vierbaum nimmt ein Jahr an der Online-Schulung Vegan-Masterclass teil. Joe Prangenberg (28) ist als neuer Geschäftsführer für den Restaurantbetrieb zuständig.
RHEINBERG-VIERBAUM Horst Vierhaus, der Adler-Horst genannte Koch des Schwarzen Adlers in Vierbaum, ist kein Vegetarier und auch kein Veganer. Gleiches gilt für Joe Prangenberg, seit dem 1. April für den Betrieb der Gaststätte an der Baerler Straße 96 verantwortlich und wie Vierhaus Geschäftsführer. Aber beide sagen: „Wir können sehr gut auf Fleisch verzichten und wollen unsere Gäste auch mit vegetarischen und veganen Gerichten verwöhnen.“
Fleischlos satt werden – das ist schon seit langem im Adler möglich gewesen. Jetzt aber gehen es die Küchenprofis mit System, Leidenschaft und einer Strategie an. „Wir haben das Thema ganz klar im Blick“, unterstreicht Joe Prangenberg. Für ihn steht fest: „Viele Adler-Gäste haben ein Bewusstsein für den Nachhaltigkeitsgedanken.“Das zeige sich unter anderem daran, dass längst mehr Veggie-Burger mit saftigem Linsenpatty, sonnengetrockneten Tomaten, Ruccola, indischem Dahl und Pilzaufstrich als Pulled-Pork-Burger mit Weißkrautsalat, Barbecue-Sauce, Aioli und Röstzwiebeln bestellt werden. „Vegetarische und vegane Küche, das ist für uns weitaus mehr als Salat oder Pommes oder einfach das Fleisch weglassen“, so der neue Geschäftsführer. „Wir leben die Idee nachhaltiger Ernährung weiter.“
Da müssen auch ausgebuffte Profis wie der Adler-Horst, seit 40 Jahren im Koch-Geschäft, dazulernen. „Wir arbeiten uns in die Thematik ein“, so Vierhaus. Das komplette Küchenteam – neben Vierhaus und Prangenberg auch Ulla Hein und Azubi Clinton Fernando – nehmen an der Vegan-Masterclass teil. Das ist eine Online-Kochschule. Inhaber und Chefköche veganer Restaurants schulen Interessierte ein Jahr lang online. Damit Angebote wie die „vegane Weltreise“künftig öfter auf der Speisekarte stehen und es insgesamt mehr qualitativ hochwertigere Angebote ohne Fleisch, Fisch und tierische Produkte gibt.
In diese Strategie gehöre auch, vermehrt regionale Produkte in die Adler-Pfanne zu bringen, sagt Horst Vierhaus. Das sei auch eine Überzeugung, die sich in der Pandemie-Zeit herauskristallisiert habe. Der Schwarze Adler wird, wenn das von einer Genossenschaft betriebene Lokal dann irgendwann wieder öffnen darf, künftig nur noch Tafelwasser eines Hamburger Vereins beziehen, der etwa Brunnenbauprojekte in wasserarmen Regionen der Erde finanziert.
Joe Prangenberg, der neue Mann im Team, freut sich auf alle diese Neuerungen. Der 28-Jährige ist in Rheinberg-Winterswick aufgewachsen, hat das Amplonius-Gymnasium besucht und ist schon ein alter Adler-Hase. „Als ich 16 war, habe ich angefangen, im Adler als Aushilfe zu kellnern“, erzählt der junge Mann. „Danach habe ich nie mehr mit Gastronomie aufgehört.“
Eine Zeitlang vermittelte ihn eine Service-Agentur als Gastro-Kraft. Anfangs gehörten Volksfeste und dicke Partys zu seinen Einsatzgebieten, später immer häufiger auch Jobs im gehobenen Segment, im „Fine Dining“. Und da besonders
„Vegetarisch und vegan, das ist mehr als einfach das Fleisch weglassen“
Joe Prangenberg Geschäftsführer Schwarzer Adler häufig im Raum Köln. Joe Prangenberg: „Dort bin ich mit guten Köchen in Kontakt gekommen. Einer von ihnen fragte mich irgendwann, ob ich nicht Lust hätte, Koch zu werden. Ein Freund von ihm suchte einen Azubi für sein Restaurant.“
Prangenberg nutzte die Chance und lernte sein Handwerk im Top-Restaurant „Kalaboush“in Lüsche bei Oldenburg. Danach zog es ihn in die Großstadt. Hamburg, Berlin oder Köln waren seine Favoriten – Joe landete in der Stadt am Rhein und fand eine Anstellung als Koch im Restaurant „Le Moissonnier“, das es seit 34 Jahren gibt. Zwei Sterne, elf Köche, Menüpreise von 140 bis 180 Euro pro Person und ohne Getränke und allerhöchste Ansprüche – „da habe ich so ziemlich alles gelernt“, so der Winterswicker.
Jeder Koch verantwortete seine eigenen Gerichte nach der alten Claus-Hipp-Devise: „Dafür stehe ich mit meinem Namen.“Bei Joe Prangenberg waren es anfangs Edel-Vorspeisen wie Gänsestopfleber, Fischsuppe und gegrillte
Rotbarbe. Einmal den Fisch zu früh auf den Teller gebracht – und schon kann die Karriere beendet sein. Doch er blieb und assistierte zum Schluss Eric Menchon, dem Großmeister und Küchenchef. Ein Traum, fasst der Rheinberger diese Erfahrung zusammen.
Nach zwei Jahren im Gourmet-Restaurant beschloss Prangenberg, sein Abitur nachzumachen und begann Ende vergangenen Jahres zu studieren: International Business Management an der Hochschule in Dortmund. „Das werde ich auf jeden Fall weitermachen“, hat er sich vorgenommen. Trotz der neuen Herausforderung in der alten Heimat.
Im Schwarzen Adler gehört neben der Restaurantleitung die Außendarstellung des Hauses zu seinen Aufgaben. Zum Beispiel, die Social-Media-Kanäle zu bespielen. In der Küche ist er für die Desserts zuständig und wird den Adler-Horst am Herd vertreten.
Seine Freizeit wird Joe Prangenberg dem Reitsport widmen. Von frühester Kindheit an sitzt der heute 28-Jährige leidenschaftlich gern im Sattel. Seine Disziplin ist die Vielseitigkeit. Genau wie in der Küche und an der Theke.