Rheinische Post - Xanten and Moers
Wo es Rohmilch frisch vom Hof gibt
Familie Brammen betreibt auf ihrem Hof in Xanten eine Milchtankstelle, die immer geöffnet ist. Sie nutzt den Automaten auch für Aufklärungsarbeit und zeigt, woher die Milch kommt – die Kühe leben daneben im Stall.
XANTEN Manchmal wird es morgens gerade erst hell, da war schon jemand auf dem Hof und hat frische Milch getankt. „Wir haben Stammkunden, die kommen auf dem Weg zur Arbeit vor 6 Uhr bei uns vorbei“, berichtet Barbara Brammen. „Die nehmen dann auch für ihre Arbeitskollegen direkt frische Rohmilch mit.“Schließlich gibt es die nicht überall, sondern nur bei Landwirten, die eine Milchtankstelle haben. Zum Beispiel Familie Brammen, die den Schrammenbruchshof am Grenzdyck 4 in Xanten betreiben. Ihre Milchtankstelle ist rund um die Uhr geöffnet. Auch sonntags, auch feiertags. Jeden Tag.
Vor gut sieben Jahren hat die Familie ihre Milchtankstelle in Betrieb genommen. Es ist ein moderner Automat mit Tank, Kühlung und Zapfstelle, der täglich gereinigt wird. Die Milch ist frisch gemolken und unbehandelt. Sie wurde also weder homogenisiert, noch pasteurisiert, sondern nur gefiltert und dann auf vier Grad herunter gekühlt. „So bleibt der unverfälschte Milchgeschmack erhalten“, erklärt Brammen.
Um Rohmilch zu tanken, wirft der Kunde Geld in den Automaten, hält eine Flasche schräg unter den Zapfhahn und drückt einen Knopf – so lange, wie er Milch haben möchte. Das geht ganz schnell. Frisch gezapfte Rohmilch dauert keine Minute. Anschließend nimmt der Kunde die Flasche heraus, schließt die Klappe des Ausgabefaches und drückt den Knopf fürs Wechselgeld – dann rechnet der Automat genau ab. Ein Liter kostet einen Euro. Dieser Preis galt bei Brammen schon 2014, die Familie hat ihn seitdem nicht verändert. Wenn der Kunde weniger oder mehr nimmt, muss er entsprechend weniger oder mehr bezahlen. Wer kein Gefäß mitbringt, kann vor Ort eine Flasche aus PET oder Glas kaufen. Sie stehen neben dem Automaten.
In den vergangenen Jahren hat sich die Milchtankstelle zu einem weiteren, wichtigen Standbein für den Hof entwickelt, wie Barbara Brammen berichtet. „Es hat sich ein fester Kundenkreis gebildet, der sehr treu ist.“Die 70 Milchkühe des Hofs geben täglich einige Hundert Liter Milch, der Großteil gehe an eine Molkerei, aber einige Dutzend Liter verkaufe die Familie über den Automaten, sagt Brammen. Es kämen auch immer wieder neue Kunden hinzu, die die Milch direkt vom Hof ausprobieren wollten und dafür extra bis zu ihnen führen. Manche machten auch einen Familienausflug zur Milchtankstelle. Grundsätzlich
bietet Brammen auch Hofführungen an, um zu zeigen, woher die Milch kommt, die der Kunde gerade getankt hat. Wegen der Corona-Pandemie ist das im Moment leider nicht möglich.
Die Milcherzeuger kann der Besucher trotzdem sehen. Der Stall liegt nur einige Meter weit entfernt und ist von einem offenen Laufhof umgeben – die Tiere können also jederzeit nach draußen und sich frei bewegen. Bald, wenn die Weidesaison wieder beginnt, werden zusätzlich die Gitter im Zaun geöffnet. Dann können die Kühe auch wieder über die angrenzende große Wiese laufen. „Wir legen großen Wert auf eine natürliche Haltung der Tiere.“Die Familie muss dann morgens und abends aber erst einmal einige Meter laufen, bis alle Kühe zum Melken wieder im Stall stehen. „Das ist dann schon ein ordentlicher Spaziergang.“
Auch im Stall können sich die Kühe frei bewegen. Jedes Tier habe seinen eigenen Fressplatz, erklärt Brammen. „Kühe sind Herdentiere, und wenn einige von ihnen meinen, dass sie jetzt fressen wollen, dann gehen andere direkt mit. Also muss man für jede Kuh einen Fressplatz anbieten.“Dasselbe gilt fürs Ausruhen. Dafür sind hinter den Fressplätzen die Liegeflächen. „Man muss darauf achten, dass die Kühe alles gleichzeitig machen können, also hinlegen, ausruhen, wiederkauen.“Währenddessen rollt ein Roboter durch den Stall und schiebt den Mist nach draußen. „Der fährt selbstständig und macht den ganzen Tag sauber“, erklärt Brammen. Einige Kühe kommen gerade zum Gitter und fressen. Das Futter baut die Familie selbst an, es ist gentechnikfrei. „Diese Haltung ist der beste Garant für eine hochwertige, gesunde Milch.“
Das erklärt Brammen auch den Kunden der Milchtankstelle, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt. Die Familie betreibt gern Öffentlichkeitsarbeit, zumal sie notwendig sei: Zwar gibt es Milch in jedem Supermarkt – aber woher sie kommt, wie sie produziert wird, wisse nicht mehr jeder, sagt Brammen. „Die Menschen haben sich von der Natur entfernt.“Diese Erfahrung mache sie immer wieder, wenn sie zum Beispiel gefragt werde, ob die Kühe auch sonntags gemolken werden müssten. Dass es so ist, wüssten manche gar nicht mehr. Umso mehr freue sie sich, wenn sie mit den Menschen an der Milchtankstelle darüber ins Gespräch komme. „Wir hatten schon viele hier, die froh waren, dass wir ihnen alles gezeigt und erklärt haben.“