Rheinische Post - Xanten and Moers
Vonovia fordert Bündnis am Wohnungsmarkt
Nach dem Mietendeckel-Urteil des Verfassungsgerichts für Berlin wirbt Konzernchef Rolf Buch für ein gemeinsames Vorgehen.
BOCHUM/BERLIN Etwa 25,8 Millionen Euro sind auch für einen milliardenschweren Dax-Konzern kein Pappenstiel. 25,8 Millionen Euro – so groß dürfte die Rückforderung des Wohnungskonzerns Deutsche Wohnen von seinen Mietern in Berlin sein. Die Nachforderung ist entstanden, weil das Bundesverfassungsgericht den seit dem vergangenen Jahr geltenden Berliner Mietendeckel am Donnerstag für verfassungswidrig und damit für nichtig erklärt hat. Während der Bochumer Konkurrent Vonovia auf zehn Millionen Euro Rückforderungen
verzichtet, besteht die Deutsche Wohnen auf Zahlung – bei einer Forderung in mehr als zweieinhalbfacher Höhe betriebswirtschaftlich nachvollziehbar. Der Deutsche Wohnen, deren Aktie ebenso wie die von Vonovia im Dax notiert ist, gehören in Berlin etwa 110.000 Wohnungen. Etwa 60.000 Haushalte sind von dem Urteil betroffen. Sie müssten lmit Rückforderungen rechnen. 430 Euro seien das im Schnitt.
Vonovia-Chef Rolf Buch wiederum hat am Freitag in der Hauptversammlung des Unternehmens bekräftigt, dass er von solchen Rückforderungen absehen will. Der im Zickzack verlaufende Aktienkurs spiegelt die Reaktionen: Erst ging es am Donnerstag morgen nach der Urteilsverkündung um drei Prozent nach oben, nach der Verzichtserklärung Buchs um mehr als drei Prozent nach unten, danach wieder aufwärts.
Buch hat beim virtuellen Aktionärstreffen als Reaktion auf die Entscheidung der Karlsruher Richter einen Schulterschluss „zwischen allen Akteuren auf dem Wohnungsmarkt“gefordert. Es sei gut, dass man jetzt Klarheit habe, so der Vorstandsvorsitzende. Aber: Natürlich ist mit der Gerichtsentscheidung die Diskussion um zu wenig bezahlbaren Wohnraum nicht beendet. Weder in Berlin noch in anderen deutschen Großstädten.
Und dass die SPD und die Linke, die als Teil der rot-rot-grünen Koalition in der Hauptstadt Mitverlierer des Urteils sind, versuchen werden, mit Blick auf den September das Thema in den bevorstehenden Bundestagswahlkampf zu ziehen, liegt nahe. Angekündigt worden ist es ja bereits. Zudem haben der Naturschutzbund BUND und der Paritätische Wohlfahrtsverband mehr Engagement für eine wirksame Mietpreisbegrenzung und eine sozial gerechte und ökologisch verträgliche Wohnungs- und Baupolitik gefordert.
Auch gegen Vonovia ist wegen mancher Mieterhöhungen des Konzerns
in der Vergangenheit schon Protest laut geworden. Der Konzern hat stets versucht, diese Erhöhungen gegen die Kritiker zu verteidigen. Den jetzigen Forderungsverzicht nach dem Gerichtsurteil will Vorstandschef Buch auch als „Signal an alle Beteiligten, dass wir konstruktive Lösungen anstreben“, verstanden wissen. Und er sei überzeugt, dass der Verzicht auch im Interesse der Vonovia-Aktionäre sei, so der Manager. „Wir brauchen die gesellschaftliche Akzeptanz für unser Geschäftsmodell“, sagte Buch. Das gilt indes nicht nur für Vonovia, sondern auch für andere große Wohnungskonzerne.