Rheinische Post - Xanten and Moers
Aus der alten Post wird ein neues Zuhause
Ramona Ries, Enkelin von Ex-Wirtin Anneliese Ternierßen, baut das Gindericher Gasthaus Zur alten Post zu einem Mehrfamilienhaus um. Das Inventar hat sie vor dem Sperrmüll gerettet und zum Fingerhutshof nach Xanten gebracht, wo sie mit ihrer Familie lebt.
GINDERICH/XANTEN Eigentlich gab es für die seit November 2014 leerstehende Gindericher Traditionsgaststätte Zur alten Post nur eine – jedenfalls aus rein wirtschaftlicher Sicht – sinnvolle Lösung: abreißen und einen Neubau mit möglichst vielen Mietwohnungen hinsetzen. Denn schon lange hat Eigentümer Theo Ternierßen die Suche nach einem geeigneten Pächter für das geschichtsträchtige Haus aufgegeben, in dessen Saal unter anderem unzählige Hochzeiten, Ehejubiläen, Geburtstage, Schützenfeste und Karnevalssitzungen gefeiert wurden (siehe unten).
Nun wird zwar in den nächsten Tagen ein Abrissbagger vor dem Backsteinbau an der Schwanenhofstraße mit seiner Arbeit beginnen, und Pläne für den Bau von Mietwohnungen gibt es mittlerweile auch. Aber abgerissen werden nur der Saal und der Gesellschaftsraum aus den 60er Jahren. Das Haupthaus jedoch, das in der wechselvollen, gut 200 Jahre alten Geschichte als Bäckerei, Poststation, als Tante-Emma-Laden und natürlich als Gaststätte mit Kegelbahn gedient hat, bleibt stehen, und damit ist auch die Fassade gerettet. Das Objekt selbst wird entkernt, Wände werden versetzt, so dass am Ende drei familiengerechte Wohnungen entstehen.
Doch nicht Theo Ternierßen selbst wird in den Umbau seines Elternhauses mehrere Hunderttausend Euro investieren, sondern seine Tochter Ramona Ries. „Ich möchte unter allen Umständen, dass dieses Haus im Familienbesitz bleibt und nicht verkauft und abgerissen wird. Ich habe sechs Jahre dafür gekämpft, mein Ziel, die Familientradition am Leben zu erhalten, zu erreichen“, sagt sie. „Ich weiß, dass ich die richtige für dieses Objekt bin“, betont sie selbstbewusst.
Die gelernte Krankenschwester und selbstständige Hebamme lebt mittlerweile mit den beiden Söhnen Henry (5) und Fritz (siebeneinhalb Monate) und ihrem Mann Christian (23) auf dem Fingerhutshof am Rande von Xanten. Den stattlichen, aber extrem renovierungsbedürftigen Gutshof hatte Christian Ries nach dem Tod seiner Großmutter vor fünf Jahren geerbt.
Unzählige Arbeitsstunden haben die Eheleute in den vergangenen Jahren in die Verschönerung des 1830 erbauten Hofes gesteckt und ihn mit viel Liebe zum Detail, Geschmack und Herzblut in ein wunderschönes Zuhause verwandelt. Arbeiten ist für die beiden also kein Fremdwort. Deshalb sind sie überzeugt, auch das Projekt in Ginderich erfolgreich zu stemmen.
Wunderschön ist mittlerweile auch der ehemalige Heuboden. Bis vor wenigen Monaten lagerten unter dem mächtigen Dach nicht weniger als acht Tonnen Stroh und allerlei Unrat. „Das war jedoch nicht mehr zu gebrauchen. Wir mussten mit vier Leuten und wegen des Staubs mit Spezialmasken alles entsorgen“, erzählt Landwirt Christian Ries. Doch was tun mit dem vielen Platz? Ramona Ries hatte eine Idee.
Rückblende: Um ihrer Oma Anneliese Ternierßen, die viele Jahre hinter der Theke und in der Küche „Zur alten Post“gestanden hatte, eine Freude zu bereiten, organisierte die Enkelin 2018 eine Überraschungsparty. Geladen waren unter anderem Familienangehörige, Verwandte und mehrere Gindericher. Doch bevor die Feier stattfinden konnte, musste zunächst einmal der Saal festlich geschmückt werden. „Wir haben die Wände und Stühle neu gestrichen, alte Bilder gerahmt und aufgehängt“, erzählt Christian Ries.
„Wir haben der Oma dann erzählt, dass wir sie in ein tolles Restaurant einladen wollen und sie in Kevelaer, wo sie wohnt, abgeholt.“Auf der Fahrt zu diesem „tollen Restaurant“machte das Paar mit Oma an Bord aber nochmals kurz Station in Ginderich. „Ich konnte es kaum fassen, was die Kinder da für mich organisiert haben“, sagt Anneliese Ternierßen.