Rheinische Post - Xanten and Moers
Genie, Kaiser, Rassist
Auch 200 Jahre nach seinem Tod spaltet der Feldherr Napoleon noch immer die französische Nation. Deutschland brachten seine Reformen damals einen brutalen Modernisierungsschub.
PARIS Die Anhänger Napoleons sind zur Schlacht bereit. „Wir werden uns verteidigen“, lässt Thierry Lentz seine Gegner wissen. „Wir werden uns dieses Jubiläum nicht stehlen lassen.“Es sei für lange Zeit die letzte Gelegenheit, an den herausragendsten Charakter der französischen Geschichte zu erinnern, ereifert sich der französische Historiker.
In den Kampf zieht der Autor mit seinem aktuellen Buch „Pour Napoléon“(„Für Napoleon“). Es ist das vorerst letzte von vielen Dutzend Werken, die Thierry Lentz bereits über den französischen Herrscher geschrieben hat. Doch dieses Mal spricht aus den 200 Seiten der Furor über jene „geschichtsvergessenen Kritiker“, die den 200. Todestag Napoleons am Mittwoch am liebsten vergessen machen würden. Denn in deren Augen war Napoleon kein Held, sondern ein blutrünstiger Militarist, Sklaventreiber, rücksichtsloser Rassist (er führte die Sklaverei in den Kolonien wieder ein), ein Macho, der 1799 zum Totengräber der Republik wurde.
Gegner und Anhänger Napoleons haben sich mit großem Grimm verschanzt. Das macht es fast unmöglich, einen möglichst objektiven Blick auf das Leben und die tatsächliche Leistung des Feldherrn und selbstgekrönten Kaisers zu werfen. Arthur Chevallier, dem Kurator einer großen Napoleon-Ausstellung in der Grande Halle de la Villette in Paris, bereiten diese nach seinen Worten „hysterischen Debatten“großes Kopfzerbrechen. Wenn selbst die wissenschaftlichen Diskussionen vor allem von Ideologien gelenkt werden, sei das der Erkenntnis immer abträglich, sagt der Historiker. „Es geht nicht darum, Napoleon blind zu bewundern, sondern objektiv über seine 16-jährige Regierungszeit zu berichten“, unterstreicht Arthur Chevallier. „Die Geschichte Frankreichs in jener Zeit ist weder tugendhaft noch schrecklich, sie ist komplex.“
Unbestritten unter Historikern ist der Einfluss des damals scheinbar allmächtigen Franzosen auf ganz Europa. In nur zwölf Jahren krempelt er den ganzen Kontinent um. Rom und Amsterdam werden französische Städte, ebenso wie Köln und Hamburg. „Am Anfang war Napoleon“, lautet der immer wieder