Rheinische Post - Xanten and Moers
Immer diese widerspenstigen Fohlen
Keine Mannschaft in der Bundesliga hat dem FC Bayern München in den vergangenen zehn Jahren so viele Probleme bereitet wie die Borussia. Bei Gladbachs Siegen gibt es neben Mut und einem präzisen Umschaltspiel weitere wiederkehrende Muster.
MÖNCHENGLADBACH Der Jubel fiel schon ein wenig ausgelassener aus, als Leon Goretzka am 31. Spieltag der Vorsaison Bayerns Siegtreffer gegen Borussia Mönchengladbach erzielte. Mit dem 2:1 in der 86. Minute war nicht nur ein wichtiger Schritt in Richtung Deutsche Meisterschaft getan, die Münchner hatten auch mal wieder ihre härteste Nuss geknackt. „In den letzten Jahren haben wir uns nie leicht getan gegen Gladbach. Es waren immer enge Spiele, und auch mal eine Niederlage dabei“, sagte jüngst Bayerns Thomas Müller, angesprochen auf das Heimspiel gegen die Borussen am Samstag, bei dem es für München wieder um den Titel geht.
Müllers Umschreibung „auch mal eine Niederlage“ist dabei schon ein wenig verharmlosend: Acht sind es seit Sommer 2011 in der Bundesliga, im selben Zeitraum folgen Dortmund und Leverkusen mit je fünf Ligasiegen gegen die Bayern. Und ausschließlich gegen Gladbach hat der Rekordmeister in diesem Zeitraum nur eine ausgeglichene und damit keine positive Bilanz.
Doch was hat die Gladbacher zum Angstgegner werden lassen? Eines zieht sich auf jeden Fall wie ein roter Faden durch das vergangene Jahrzehnt: Keine Mannschaft zeigt gegen die Münchner ein besseres Umschaltspiel. Bayerns Spiel ist auf Dominanz ausgelegt, der Gegner wird in die eigene Hälfte gedrückt, die eigene Abwehr rückt weit auf. Da braucht es Mut, auch in engen Situationen heraus zu kombinieren, zudem Kraft und Konzentration, um Konter präzise zu Ende zu spielen. Beides gelang Borussia vorzüglich, wie zum Beispiel Patrick Herrmanns Doppelpack beim 3:1-Sieg
2012, Fabian Johnsons Treffer zum zwischenzeitlichen 3:0 im Dezember 2015 oder jüngst die beiden Tore Jonas Hofmanns beim 3:2-Hinspielsieg in der laufenden Saison zeigten. Es gibt auch ein immer wiederkehrendes Muster beim Spielverlauf: Häufig musste sich Gladbach zunächst auf eine sichere Defensive konzentrieren, während die Bayern direkt die Spielkontrolle übernahmen. Sie wussten stets um die Schwere der Aufgabe gegen Borussia. Dass sie von der Stärke des Gegners überrascht wurden, kann höchstens für Gladbachs 1:0-Erfolg in München 2011 gelten, mit dem Borussia nach überstandener Relegation in eine neue Ära startete.
Bayern war in den Duellen durchaus auf Betriebstemperatur, ließ eine überlegen geführte Anfangsphase aber oftmals ungenutzt gegen Gladbacher, die sich ihrerseits dann besser aus der Umklammerung zu befreien wussten und selbst zu Chancen kamen. Als ein Gegenbeispiel dient Borussias letzter Sieg in München, das 3:0 im Oktober 2018. Damals nutzte Gladbach gleich seine ersten beiden Gelegenheiten, um nach einer Viertelstunde bereits 2:0 zu führen. Beim zweiten Tor gelang Hofmann dabei eine Balleroberung direkt am Strafraum der Bayern.
Grundsätzlich war es nie Borussias Devise, sich ausschließlich vor dem eigenen Tor zu verbarrikadieren und auf gelegentliche Gegenstöße zu hoffen. Gladbachs Trainer
variierten beim Spielsystem und wählten auch einmal taktische Kniffe. Das war selbst bei Lucien Favre so, dessen 4-4-2 mit zwei flachen Ketten in Abwehr und Mittelfeld sonst in Stein gemeißelt schien. So ließ der Schweizer beim 1:1 im Dezember 2012 sein Team in München mit einem Fünfer-Mittelfeld spielen, aus dem heraus die Innenverteidiger der Bayern immer wieder im Spielaufbau hoch angelaufen wurden. André Schubert wechselte
2015 auf eine Dreierkette um Startelf-Debütant Nico Elvedi und gewann gleich sein erstes Spiel gegen die Bayern 3:1. Und Marco Rose wählte vor wenigen Monaten im Hinspiel der laufenden Saison ein
4-3-3, mit dem er das Zentrum gegen die spielstarken Bayern stärkte.
Es darf indes nicht verschwiegen werden, dass ab und an das nötige Spielglück auf Seiten der Gladbacher
war. Das zeigte sich mal in Form eines Patzers Manuel Neuers, durch den Borussia die Führung gelang. Oder aber die Bayern betrieben einen Chancenwucher, der für sie gerade in Spitzenspielen eher untypisch ist. So hätte München im Dezember 2019 in Gladbach zur Pause eigentlich klar führen müssen. Es war die Partie, in der Torwart Yann Sommer einen Ball mit dem Mittelfinger von der Torlinie kratzte.
Dass München damals nach dem Wechsel doch noch in Führung ging und trotzdem 1:2 verlor, spricht wiederum für die Qualitäten der Gladbacher in den Duellen mit dem Rekordmeister: Sie knickten auch bei Rückständen selten ein – nur zweimal gab es deutliche Niederlagen – und boten dem Favoriten Paroli. So soll es auch jetzt am Samstagabend laufen. Die Borussen wollen ihrem Ruf als Angstgegner gerecht werden.
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