Rheinische Post - Xanten and Moers
Du sollst ein Segen sein
Die katholische Kirche segnet so allerhand: neben Kerzen auch Autos und Haustiere, unlängst sogar ein neues Gitter am Kölner Dom. Die Kirche ist in diesem Sinne segensreich, nicht jedoch für alle. Homosexuellen Paaren soll diese spirituelle Form hoher Anerkennung verwehrt bleiben. So hieß es unlängst in einem Schreiben aus Rom – kein kirchlicher Segen für liebende Menschen gleichen Geschlechts. Doch gibt es so etwas: eine Art gerechte, gottgefällige Diskriminierung? Viele Christen hierzulande schütteln darüber nicht mehr länger nur den Kopf, sie handeln aus Überzeugung. Viele wollten nicht mehr Vertreter einer vormodernen und wirklichkeitsfernen Sexualmoral sein und dafür zum Instrumentarium vermeintlicher Sünde greifen.
Auch darum gibt es in katholischen Kirchen hierzulande jetzt für homosexuelle Paare Segensfeiern, die von den meisten Ortsbischöfen halbwegs geduldet werden. Natürlich ist eine solche Zurückhaltung in erster Linie der Kirchenpolitik geschuldet. Die katholische Kirche in Deutschland steckt in einem schwierigen Reformprozess. Da könnte jede Initiative, die nach flächendeckender Protestaktion ausschaut, als Kontrollverlust ausgelegt werden. Die Kirchenreformer aber brauchen für ihre Ziele jede Menge Vertrauen Roms; nicht aber die weitere Bestätigung für all jene Skeptiker im Vatikan, die in der katholischen Kirche Deutschlands weiter verkappte Protestanten sehen.
Ohne Rom geht nichts. Aber mit Rom geht eben nicht viel – und wenn, dann nur viel zu langsam. „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein“, heißt ein beliebter Taufspruch. Das galt an diesem 10. Mai vor allem homosexuellen Paaren. Vielleicht wird es einst auch in der Kirche gelten. Der 10. Mai ist ein guter Gedenktag. Noch besser aber wäre es, wenn er Glaubenspraxis würde.
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