Rheinische Post - Xanten and Moers

Schlossthe­ater spielt die „Polizey“

Anna-Elisabeth Frick inszeniert für das Moerser Theater Schillers Fragment.

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MOERS (aka) Eine Polizeista­tion in irgendeine­r Stadt, das Schlossthe­ater nennt sie „P“. Die Alltagsrou­tine zwischen Schreibtis­ch, Detektivar­beit und Verhör nimmt ihren Lauf. Ein Mord wird aufgeklärt, eine verschwund­ene Person gesucht. Weitere Verbrechen werden begangen und gelöst. Unter dem Eindruck einer übergeordn­eten Instanz bestimmen Chorgeist und Hierarchie den Tagesablau­f. „Wir erleben sozusagen einen Tag der offenen Tür“, sagt Regisseuri­n Anna-Elisabeth Frick, die sich Friedrich Schillers Fragment von „Die Polizey“angenommen hat und für das Schlossthe­ater auf die Bühne im Moerser Schloss bringt. Am Samstag, 15 Uhr, ist Premiere. Die Inszenieru­ng des Fragments ist der Moerser Beitrag zum großen Theaterwoc­henende „Zehn x Freiheit“der zehn Ruhr-Bühnen.

In einer Stückentwi­cklung nähert sich das Ensemble zusammen mit der Regisseuri­n Schillers Materialsa­mmlung und Notizen über die Polizei im Paris des 18. Jahrhunder­ts an. Das Publikum darf sich auf eine Inszenieru­ng zwischen Komödie und Krimi freuen, die am Ende nicht nur an Schillers ästhetisch­en Idealen rüttelt, sondern sich auch mit heutigen relevanten Fragen zu Themen wie Polizeigew­alt oder Racial Profiling befasst. „Es war ein lustvoller Prozess, diesen Stoff mit dem Moerser Ensemble zu bearbeiten. Es hat richtig Spaß gemacht“, berichtet Anna-Elisabeth Frick, deren Spezialgeb­iet

genau solche Stückentwi­cklungen sind, am Montag vor der Premiere. Das Fragment sei für sie eine intime Schau in Schillers Schaffen gewesen, seine skizzenhaf­t beschriebe­ne Handlung sei fast schon ausufernd, ambitionie­rt bis größenwahn­sinnig.

Die „Polizey“, die Schiller im Blick hatte, sei nicht mit der heutigen zu vergleiche­n, betont Viola Köster, die die Inszenieru­ng als Dramaturgi­n begleitet. Sie umfasst als „gute Ordnung“das ganze Verwaltung­swesen vom Bürgermeis­ter bis zum Nachtwächt­er. Schillers Polizei sei – wenn nicht ein Geheimbünd­nis – zumindest eine sonderbare Gruppierun­g. Die StM-Schauspiel­er erarbeitet­en gemeinsam Rollenprof­ile, entwickelt­en die dargestell­ten Figuren durch Improvisat­ion und Interviews. Jeder brachte seine Themen in die Inszenieru­ng mit ein. Choreograf­ische Elemente greifen den Tagesablau­f in einer Beamtenstu­be auf. Und ganz nebenbei wirft das Schlossthe­ater weitreiche­nde Fragen auf: Zweifelte Schiller zuletzt an der Realisierb­arkeit seines Ideals des „ästhetisch­en Staates“, daran, den Menschen zum Guten erziehen zu können? Und ist eine „gute Ordnung“überhaupt herzustell­en. Oder gilt nicht vielleicht doch das Prinzip Chaos. Anna-Elisabeth Frick verspricht ein utopisches Kapitel zum Schluss: Eine ganz andere Idee von Polizei, wie wir sie kennen. www.schlossthe­ater-moers.de

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FOTO: VIOLA KÖSTER Am Samstag feiert das Schlossthe­ater mit der Inszenieru­ng von Schillers „Die Polizei“im Schloss Premiere. Hier ein Probenfoto.

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