Rheinische Post - Xanten and Moers
Basketballer krönen Heim-EM mit Bronze
Das deutsche Team gewinnt erstmals seit 2005 wieder eine Medaille bei der Europameisterschaft.
BERLIN (dpa) Superstar Dirk Nowitzki gönnte sich nach dem vollbrachten Bronze-Coup ein Glas Sekt, Anführer Dennis Schröder zog es direkt zu seinem ausgemusterten Vorgänger Robin Benzing: Die deutschen Basketballer haben bei der Heim-EM eine Medaille erobert und damit eine 17 Jahre lange Flaute beendet. Direkt nach dem 82:69 (36:23)-Erfolg über Außenseiter Polen begann in der gut besuchten Arena in Berlin die Party. „Das ist richtig geil. Ich glaube, es ist schön, dass wir uns belohnt haben für tolle sechs, sieben Wochen. Es hat richtig Spaß gemacht“, sagte NBAJungstar Franz Wagner zum Coup.
Mit 26 Punkten führte Schröder den Gastgeber zu Bronze und damit zum ersten Podiumsplatz seit 2005, als Nowitzki und Co. in Serbien Silber gewannen. Der 29 Jahre alte Spielmacher stand im Zentrum der überschwänglichen Feierlichkeiten, richtete aber direkt Worte des Dankes an Vorgänger Benzing. „Er ist der wirkliche Kapitän. Eigentlich müsste er diese Medaille bekommen“, sagte Schröder. „Wahrscheinlich werde ich ihm meine geben.“Der im August aussortierte Routinier war zum kleinen Finale in die Arena gekommen und wirkte nach Spielschluss wie ein fester Teil des Teams. „Ich bin sehr, sehr stolz auf die Jungs. Sie sind alle gewachsen und gereift. Wie meine Kinder, sehr stolz bin ich auf sie“, lobte Benzing. Ihre Medaillen erhielten die Deutschen unmittelbar und noch vor dem Finale. Schröder drehte im Anschluss eine Ehrenrunde auf der Pressetribüne, warf seine Socken ins Publikum, unterschrieb Trikots und Schals von kreischenden Fans. „Keiner hätte das gedacht. Was wir da geliefert haben, das hätte keiner gedacht“, sagte Schröder nach seinem größten Erfolg im Nationaltrikot. Bronze fühle sich im ersten Moment noch „ziemlich schwer“an.
Teamkollege und Freund Daniel Theis hatte den Coup auf dem Parkett mit seinen Kids und dem offiziellen Maskottchen gefeiert. Auf dem Podium kam das gesamte Team für ein Jubelfoto zusammen, bevor sich die Bronze-Helden mit ihren Medaillen um den Hals euphorisch in die Kabine verabschiedeten. „Wir hatten auf ein bisschen mehr gehofft, aber ich denke, wir können super zufrieden und super stolz sein. Die Medaille gehört ein bisschen auch Robin“, sagte Andreas Obst mit Bezug auf
Ex-Kapitän Benzing. Wagner meinte frech: „The sky is the limit.“Die WM 2023 in Japan, Indonesien und auf den Philippinen wird das nächste große Ziel für die Bronzegewinner von Berlin.
Das neunte deutsche EM-Spiel in 18 Tagen war über weite Strecken von Kampf und Krampf geprägt, doch das war am Ende egal. Vor offiziell 12.913 Zuschauern wirkten vor allem die Polen ausgezehrt und überspielt. Deutschland hatte anfangs trotzdem Mühe und kam erst kurz vor der Halbzeit richtig in Schwung.
Anders als bei den BasketballFestabenden gegen Griechenland (107:96) im Viertelfinale und Spanien (91:96) im Halbfinale wirkte die Stimmung in der Arena während des Spiels etwas gedämpfter. Dabei war in den vergangenen Tagen ein Stück Basketball-Euphorie in Deutschland aufgekommen - auch, weil RTL ab dem Viertelfinale alle drei deutschen Spiele im Free-TV übertrug.
Der Medaillencoup in seinem ersten Turnier ist Bundestrainer Gordon Herbert hoch anzurechnen. „Ich trinke vielleicht ein Bier“, sagte der 63-Jährige, der seit dem Amtsantritt vor einem Jahr mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen hatte. Die WM-Quali bestritt er mit einem B-Team, auch für die Heim-EM fehlten feste Bestandteile wie Maxi Kleber, Moritz Wagner oder Isaiah Hartenstein. Doch Schröder trug das funktionierende Kollektiv bis ins Halbfinale und damit weiter als die NBA-Stars Nikola Jokic (Serbien), Luka Doncic (Slowenien) und Giannis Antetokounmpo (Griechenland) ihre zu Beginn deutlich höher gehandelten Teams. Um fröhlich und stolz aus der EM zu gehen, musste aber auch das kleine Finale gewonnen werden. Einen Schreck im letzten Viertel, als es nochmal 59:59 stand, überstanden die Deutschen, dann konnte die Party beginnen.