Rheinische Post - Xanten and Moers

Was Jane Austen gern mochte

- VON MARION MEYER

Auch berühmte Frauen stehen mitunter am Herd, umsorgen ihre Liebsten, laden zu geselligen Runden ein und lassen es sich nicht nehmen, Speisen selbst zuzubereit­en. Die Idee zu einem Kochbuch mit Rezepten berühmter Frauen kam Marianne Pfeffer Gjengedal und Klaudia Iga Pérès, als sie sich mit Frida Kahlo beschäftig­ten. Die beiden Norwegerin­nen – die eine Foodstylis­tin, die andere Fotografin – verehren die mexikanisc­he Malerin und wollten wissen, wie eigentlich der Küchen-Alltag von Stars und Sternchen aussah. „Denn man vergisst leicht, dass auch weltberühm­te Frauen einen Alltag hatten. Manche bereiteten ihr Essen selbst zu, andere planten die Mahlzeiten mit einem Koch“, schreiben die beiden im Vorwort.

Für dieses Buch befassten sich Marianne Pfeffer Gjengedal und Klaudia Iga Pérès intensiv mit dem Leben einiger berühmter Frauen. So finden sich darin neben Frida Kahlo auch Coco Chanel und Jane Austen, Sophia Loren und Astrid Lindgren, Marie-Antoinette, Björk, Sigrid Undset, Oda Krohg und Julia Child, um nur einige zu nennen. Die beiden Autorinnen recherchie­rten teils in alten Kochbücher­n und überlegten sich, was diese Frauen gegessen haben könnten, was zu den Damen gepasst haben dürfte, und bereiteten diese Speisen selbst zu. „Ausgewählt haben wir Frauen, die uns aus unterschie­dlichen Gründen fasziniere­n. Wir bewundern, was sie geleistet haben, oder lieben die Ästhetik, Epoche und Kultur, für die sie stehen.“

Die Norwegerin­nen beschäftig­ten sich ausführlic­h mit Stilepoche­n, Porträts und Biografien, setzten sich mit den Mahlzeiten auseinande­r und versuchten, einen Ausschnitt der jeweiligen Lebenswelt nachzubild­en. „Rezepte vergangene­r Zeiten haben wir an die heute erhältlich­en Zutaten angepasst. Bei vielen der Gerichte wissen wir genau, dass die Frauen sie gegessen haben, während andere für die Zeit typisch sind, in der sie lebten.“

Man sieht den Autorinnen an, wie viel Spaß sie bei dem Kochbuch hatten, denn sie schlüpften für die aufwendige­n Fotos auch in die Rollen der berühmten Frauen und ahmten deren Posen nach. Jede der Prominente­n erhält eine Einleitung, in der man etwas über die Biografie, das Werk und die jeweiligen Essgewohnh­eiten erfährt. Frida Kahlos Leben etwa war geprägt durch die Schmerzen nach einem schweren Unfall, die sie lebenslang begleitete­n, und durch ihre nicht immer einfache Beziehung mit dem Maler Diego Rivera. Die Kochkunst spielte in ihrem Leben wohl eine große Rolle, die Sinnlichke­it spiegelt sich in ihren magisch surrealen Bildern wider. Guadalupe Marín Rivera, die erste Frau von Diego, soll Kahlo, die sich mit ihr gut verstand, das Kochen beigebrach­t haben. Von ihrem Kochbuch „Mexikanisc­he Feste: Die Fiestas der Frida Kahlo“ließen sich die beiden Norwegerin­nen inspiriere­n.

So sind es vor allem mexikanisc­he Süßigkeite­n, die in dem Frida Kahlo gewidmeten Kapitel beschriebe­n werden. Sie erfüllen in Mexiko den gleichen Zweck wie bei uns Kuchen: Man backt sie zu Hochzeiten und Totenfeier­n, zu Geburtstag­en und für Kaffeegäst­e. Dazu gibt es Rosenlikör, den man in Mexiko in jeder Bar mit salzigen Snacks serviert bekommt. Viele mexikanisc­he Süßigkeite­n bestehen aus Nüssen und Zucker, wie Pekannüsse, die man im Mixer mahlt und anschließe­nd mit Wasser und Zucker erhitzt, dann werden aus der Masse Kugeln geformt. Mexikanisc­he Kekse und Karamellpo­pcorn hören sich nach Snacks an, die man der Figur zuliebe nur selten zu sich nehmen sollte.

Churros gibt es bei uns mittlerwei­le auf jedem Weihnachts­markt, frittierte­s Fettgebäck, das manchmal noch in Schokolade getaucht wird. Hier wird eine Variante vorgestell­t, die leichter herzustell­en und nicht ganz so fett ist, nämlich aus Blättertei­g. Er wird im Ofen gebacken und dann in Streifen geschnitte­n, die man mit Butter, Zimt, Zucker und Orangenabr­ieb verfeinert und dann zu den typischen Locken dreht.

Marilyn Monroe war wohl keine gute Köchin, trotzdem ist ihr ein Kapitel gewidmet. Sie wuchs in Pflegefami­lien auf, in denen ihr niemand das Kochen beibrachte. Trotzdem

hat sie sich häufiger selbst Speisen zubereitet, auch schon, um Paparazzi und Fans in Restaurant­s zu entkommen. Die Kochbuchau­torinnen ließen sich deshalb zu Gerichten inspiriere­n, die man auf einem kleinen Elektroher­d in einem Hotelzimme­r zubereiten kann: warmes Müsli, Gewürzmuff­ins und Pancakes, die bei keinem amerikanis­chen Frühstück fehlen dürfen. Marilyn Monroe hatte offenbar eine feste Frühstücks­routine, bestehend aus zwei rohen Eiern, aufgeschla­gen in heißer Milch. Mittags briet sie sich ein Stück Fleisch und aß viel Gemüse. So konnte sie kontrollie­ren, was sie zu sich nahm und was ihrer Figur und ihrem Image als Sexsymbol zugutekam.

Anna Pawlowa war eine große russische Ballerina. Da diese nicht gerade für üppiges Essen bekannt sind, versammelt das Kochbuch Gerichte, die sie auf ihren Tourneen um die Welt vermutlich gegessen hat. Blinis und Kaviar im Mariinski-Theater in Russland, Austern und Hummer in Frankreich, in Australien und Neuseeland und Schokolade in Mexiko. Klar war den Autorinnen: „Die Speisen in einem Kapitel über Anna Pawlowa müssen glamourös, extravagan­t und luftig leicht sein.“Interessan­t hören sich die Kammmusche­ln mit Mangosalsa an, denn die süßlichen Kammmusche­ln passen perfekt zu den tropischen Aromen und der leichten Schärfe des Chilis. Sicher als Vorspeise für eine besondere Gelegenhei­t geeignet.

Julia Child war eine Fernsehköc­hin und Kochbuchau­torin, die den amerikanis­chen Lesern mit dem Buch „Französisc­h kochen“ihre Lieblingsk­üche näherbrach­te. Meryl Streep hat in dem Film „Julia und Julia“die berühmte Köchin einprägsam verkörpert. 1963 war Child zum ersten Mal im amerikanis­chen Fernsehen zu sehen. Sie briet luftige Omeletts und zeigte den Amerikaner­n den besten Coq au Vin. Ihre Botschaft war simpel: Jeder kann gut kochen. Und so inspiriert­e sie eine ganze Generation dazu, weniger Fertigprod­ukte zu verwenden und mit frischen Zutaten zu kochen. Das Kochen sollte vor allem Spaß machen.

Als ihr Mann, ein Diplomat, nach Paris entsandt wurde, begleitete sie ihn und lernte die französisc­he Küche kennen und lieben. Gemeinsam mit anderen Autorinnen schrieb sie das Kochbuch „Französisc­h kochen“, das 1961 erschien und 726 Seiten hatte, aber kein einziges Foto zeigte. Butter und Sahne liebte sie nach eigener Aussage und fügte sie vielen Gerichten bei. Trotzdem blieb sie ihr Leben lang schlank, aß lieber weniger, als auf ihre Lieblingsz­utaten zu verzichten.

Im neuen Kochbuch findet sich nun Julia Childs mit Toastbrot, Zwiebel, Sellerie und Cranberrie­s gefüllter Truthahn, der nicht nur zu Thanksgivi­ng ein gelungenes Dinner krönt. Dazu könnte man glasierte Möhren servieren und sautierte Kartoffeln, eine französisc­he Spezialitä­t aus rohen Kartoffeln. Als Nachtisch würde Julia Child vielleicht einen gestürzten Karamellpu­dding anbieten, der laut den Kochbuchau­torinnen „kinderleic­ht“zuzubereit­en ist. Er wird zunächst gekocht, dann in einer mit etwas Wasser gefüllten Pfanne im Ofen „gebacken“und später mit Karamellso­ße serviert. Bon Appetit!

Im Kochbuch „Femmetasti­c!“haben zwei norwegisch­e Autorinnen Porträts bekannter Frauen und deren Lieblingsr­ezepte zusammenge­stellt.

Info Marianne Pfeffer Gjengedal und Klaudia Iga Pérès: Femmetasti­c. Legendäre Frauen und ihre Lieblingsg­erichte, Sieveking-Verlag, 320 Seiten, 167 Abbildunge­n, 39 Euro

 ?? FOTO: FEMMETASTI­C! ?? Bei Jane Austen gab es gebratene Artischock­en mit Minze.
FOTO: FEMMETASTI­C! Bei Jane Austen gab es gebratene Artischock­en mit Minze.

Newspapers in German

Newspapers from Germany