Rheinische Post - Xanten and Moers
Prognosen deuten auf milde Rezession im Winter
Fachleute halten die Perspektive für allenfalls durchwachsen. Sie rechnen mit weiter hohen Energiepreisen und konjunkturellem Gegenwind.
FRANKFURT Positive Nachrichten aus München: Die erwartete Winterrezession werde milder ausfallen als bislang angenommen, berichten die Forscherinnen und Forscher des Ifo-Institutes. Sie sagen für das kommende Jahr nur noch einen konjunkturellen Mini-Rückgang von 0,1 Prozent voraus. Da Prognosen meist nicht genau eintreten, lässt sich vor diesem Hintergrund also auch davon sprechen, dass die Wirtschaft nach diesen Berechnungen stabil bleibt. „In den beiden Quartalen des Winterhalbjahres 2022/23 schrumpft das Bruttoinlandsprodukt zwar, aber danach geht es wieder aufwärts“, erläutert Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Etwas Entspannung sehen die Wirtschaftsforscher auch bei der Inflation eintreten. Im kommenden Jahr dürften die Verbraucherpreise demnach noch um 6,4 Prozent zulegen – ebenfalls weniger, als man vorher befürchtet hatte. Zu Buche schlägt hier die Gasund Strompreisbremse. Die war in der Herbstprognose noch nicht berücksichtigt worden.
Allerdings werden die Preise vor allem in den nächsten Monaten noch hoch bleiben. Und das führt zu spürbaren Reallohnverlusten bei den meisten Menschen hierzulande. Deswegen verringern sich Konsum und Konsumbereitschaft der Haushalte. Der Konsum wirkte noch in der ersten Jahreshälfte konjunkturstützend. Das lag auch an der Nachwirkung der Überbrückungsmaßnahmen und Hilfspakete während der Corona-Pandemie. Mit weiteren Hilfspaketen wie der
Energiepreisbremse stemmen sich Bund und Länder zwar auch gegen die jetzige Krise. Allerdings federn diese Hilfen nicht die ganze Wucht der Inflation und Energiekosten ab. Einkommensschwache Haushalte sind es bereits, oder sie geraten an ihre Grenzen. Also verzichten sie auf Konsum, was die Wirtschaft bremst.
Etwas pessimistischer deutet daher das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW ) die konjunkturellen Zeichen der Zeit. „Deutschland in der Rezession“lautet die Überschrift der Konjunkturprognose aus Köln, ebenfalls am Mittwoch veröffentlicht. Die hohen Preise, eine drohende Gasmangellage und die Folgen des Ukraine-Krieges lasteten auf Unternehmen wie Verbrauchern. Wie schwer die Krise noch ausfallen wird, hänge vor allem von der weiteren Entwicklung der Energiekrise
ab. Schon jetzt sei klar, dass die hiesige Volkswirtschaft mit gewaltigen Wohlstandsverlusten konfrontiert sei. „Im kommenden Jahr wird es leider kaum besser. Wir werden uns wohl oder übel an horrende Energiepreise gewöhnen müssen“, so IW-Chef Michael Hüther.
Der Gegenwind jedenfalls kommt mittlerweile neben dem Konsum auch aus Bereichen, die bislang konjunkturstützend gewirkt hatten. So brechen etwa im Bausektor Aufträge weg, geplante Projekte werden storniert. Laut Umfragen des IfoInstitutes sind die Geschäftserwartungen der Unternehmen in der Branche auf den tiefsten Stand seit Beginn der Befragungen vor mehr als drei Jahrzehnten gefallen.
In dieses Bild fügt sich die Analyse von Creditreform, die zum ersten Mal seit dem Jahr 2009 einen Anstieg der Zahl von Insolvenzen feststellt. „Die anhaltende Inflation, die steigenden Zinsen und Energiekosten sowie eine zunehmend verschärfte Wettbewerbssituation gehen vielen Unternehmen an die Substanz“, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter des Bereichs Wirtschaftsforschung bei Creditreform.
„Mit Blick auf die Konjunktur wird das nächste Jahr schwierig“, sagt auch die Chefökonomin der staatlichen KfW-Bankengruppe, Fritzi Köhler-Geib unserer Redaktion. Erst kürzlich haben die KfW-Volkswirtinnen ihre Prognose heruntergesetzt und gehen von einem Rückgang der Wirtschaftsaktivität von einem Prozent im kommenden Jahr aus. Sie begründen das damit, dass wegen der Unsicherheit und Probleme Unternehmen mit Investitionen zurückhaltend agieren werden.