Rheinische Post - Xanten and Moers
Krankenkassen: Nachts reicht ein Notarzt aus
Die Kostenträger berufen sich auf den Gutachter, der die Zahlen für Xanten und Rheinberg ausgewertet hat.
XANTEN/RHEINBERG Der Kreistag in Wesel entscheidet am Donnerstag, ob die beiden Notarztstandorte Xanten und Rheinberg nachts zusammengelegt werden oder erhalten bleiben und wer dann die Kosten trägt. Diese Frage wurde bereits von den zuständigen Ausschüssen beraten. Wegen der Abstimmungen in diesen Gremien ist davon auszugehen, dass sich der Kreistag für den Erhalt der beiden Notarztstandorte in der Nacht ausspricht und die Kreisverwaltung damit beauftragt, mit den beiden Kommunen und dem Krankenhaus in Xanten über eine Aufteilung der Kosten zu sprechen. Denn die Krankenkassen finanzieren nur noch einen Notarztstandort in der Nacht. Das machten sie auf Anfrage unserer Redaktion noch einmal deutlich.
Ihre Position erklärten die Krankenkassen mit dem Ergebnis der Gutachten, die in den vergangenen Jahren im Auftrag des Kreises Wesel angefertigt wurden. Schon 2019 sei festgestellt worden, dass die Notarztstandorte Xanten und Rheinberg „wegen der geringen Auslastung in der Zeit von 19 bis 9 Uhr“in Alpen zusammengelegt werden sollten, „da sonst das Gebot der Wirtschaftlichkeit
nicht mehr gegeben ist“, erklärte ein Sprecher der IKK Classic. Dieser Zusammenlegung hätten die Krankenkassen und Krankenkassenverbände zugestimmt. Der Kreistag habe trotzdem beschlossen, dass die Standorte nachts erhalten blieben und die Einsatzzahlen erneut ausgewertet würden. Zwischen Juni 2021 und Mai 2022 hätten die beiden Notärzte nachts im Durchschnitt aber nur 0,87 Einsätze (Xanten) und 0,9 Einsätze (Rheinberg) gehabt. „Auch diese Evaluierung hat also ergeben, dass eine Wirtschaftlichkeit für zwei Standorte nicht gegeben ist und die Zusammenlegung der Standorte in Alpen sinnvoll ist – dies sehen die Krankenkassen und Krankenkassenverbände auch weiterhin so.“
Der Verband der Ersatzkassen (VDEK), die Knappschaft, die Barmer und der BKK-Landesverband Nordwest ergänzten, dass der Gutachter auch die Eintreffzeit der beiden Notärzte analysiert habe. Der Rheinberger sei nur in 30,32 Prozent der Fälle als Erster am Einsatzort
gewesen, der Xantener in 29,22 Prozent der Fälle. In etwa 70 Prozent sei also ein Rettungswagen vor den Notärzten beim Patienten eingetroffen, erklärten VDEK, Knappschaft, Barmer und BKK. Deshalb spreche nicht nur „die geringe Anzahl an Einsätzen in den Nachtstunden“, sondern auch die „Effektivität im Einsatzgeschehen“für die Zusammenlegung.
Der Gutachter habe auch deutlich gemacht, dass „die bedarfsgerechte und flächendeckende rettungsdienstliche Versorgung der Bevölkerung“auch bei Zusammenlegung gewährleistet sei. Die Untersuchung bestätige daher, dass „der Bedarf für zwei getrennte Notarztstandorte in den Nachtstunden in Rheinberg und Xanten nicht gegeben ist“. Das Festhalten an ihnen sei daher „nicht bedarfsgerecht“, und wenn eine Leistung nicht bedarfsgerecht sei, „darf sie nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuches nicht bewilligt und die Kosten dürfen nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden“.
Verband der Ersatzkassen (VDEK)
Manrico Preissel, Regionaldirektor der AOK Rheinland/Hamburg, wies außerdem darauf hin, dass sich die Position nicht nur auf das Gutachten stütze, sondern auch auf die Erfahrung aus anderen, ländlichen Regionen, wo es weniger Notarztstandorte gebe als zwischen Xanten und Rheinberg. Dort müssten die Notärzte schon größere Entfernungen zurücklegen. Es gebe aber keine Auffälligkeiten bei den Sterberaten.
Die Verhandlungen über die Kosten des Rettungsdienstes werden von einigen Krankenkassen und Verbänden stellvertretend für alle Kostenträger geführt. Deshalb bat unsere Redaktion die AOK, die Knappschaft, die BKK, die Barmer, den VDEK und die IKK um Stellungnahmen. Ihre Antworten stimmten sie teilweise ab, da sie bei diesem Thema einstimmig auftreten. Trotz der Haltung der Krankenkassen empfiehlt die Weseler Kreisverwaltung, beide Standorte nachts zu erhalten – aus „strukturpolitischen Gründen“. Sie spricht sich auch für eine Kostenbeteiligung des Kreises aus. In den Ausschüssen sah das eine deutlich Mehrheit der Politik auch so. Nur die Grünen forderten, dass sich der Kreis nicht an den Kosten beteiligt.
„Wenn eine Leistung nicht bedarfsgerecht ist, dürfen die Kosten nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden“