Rheinische Post - Xanten and Moers
Uniper muss Kraftwerk verkaufen
Die Düsseldorfer müssen im Gegenzug für die Verstaatlichung ausgerechnet das umstrittene Projekt in Datteln loswerden. Es war den NRW-Grünen schon immer ein Dorn im Auge. Der Betriebsrat mahnt zur Fairness.
DÜSSELDORF Die wechselvolle Geschichte von Uniper nimmt eine überraschende Wendung: Nun schreibt die EU-Kommission dem angeschlagenen Düsseldorfer GasImporteur vor, im Gegenzug zur Verstaatlichung das Kraftwerk Datteln IV zu verkaufen, wie Uniper am Dienstagabend mitteilte. Ausgerechnet Datteln IV.
Einerseits ist es das modernste und umweltfreundlichste Steinkohlekraftwerk in Deutschland, das noch bis zum deutschen Kohleausstieg weiterlaufen soll. Andererseits hat sich die Inbetriebnahme über Jahre durch Klagen sowie eine Pannenserie bei Planung und Technik verzögert. Hier sei jedes Bauteil schon mal beklagt worden, witzeln Mitarbeiter. Aktuell liegt der Fall wieder einmal bei Gericht: Unlängst ließ das Bundesverwaltungsgericht die Revision zu einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zu, das 2021 den Bebauungsplan für das seit 2020 laufende Kraftwerk für unwirksam erklärt hatte. Es war bereits der zweite Plan der Stadt Datteln, der vor Gericht durchgefallen war.
Unsichere Rechtslage, Verfallsdatum – wie da ein Käufer gefunden werden soll, wird spannend. Immer wieder genannt bei solchen Kohle-Deals wird der tschechische Versorger EPH von Daniel Kretinsky. Der Bund wird dabei nicht nur als Uniper-Eigentümer mitreden. Das Kraftwerk Datteln ist zentral für die deutsche Stromversorgung und liefert einen bedeutenden Teil des Stroms für den Zugverkehr.
Jeden Tag werden für den 1100 Megawatt-Block 8000 Tonnen Steinkohle verfeuert. Das entspricht den Ladungen von zwei großen Binnenschiffen, die täglich anlegen. Seit 2007 wurde in Datteln gebaut, seit 2011 sollte Strom für jeden vierten Zug in Deutschland erzeugt werden. Los ging es dann wegen der vielen Pannen aber erst 2020. Und nun soll das Geschäft, das jährlich einen Gewinn von über 100 Millionen Euro in Düsseldorf abliefert, für Uniper bald schon wieder Geschichte sein.
Bis Ende 2026 muss der Konzern die Auflagen der EU abgearbeitet haben. „Mit der EU-Genehmigung ist die letzte Hürde genommen und wir kennen nun die Rahmenbedingungen, unter denen wir die Zukunft
von Uniper gestalten werden“, sagte Konzern-Chef Klaus-Dieter Maubach: „Wir setzen alles daran, die besten Eigentümer zu finden.“
Der Betriebsrat mahnt eine faire Umsetzung an: „Die Auflagen bedeuten harte Einschnitte für Uniper. Insbesondere die Information über den Verkauf von Datteln IV und Uniper Wärme ist für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland, ein paar Tage vor Weihnachten, besonders schmerzlich“, sagte Betriebsratschef Harald Seegatz. Mittwoch fand eine spontane Betriebsversammlung in Datteln statt, die EU hatte Uniper mit der Auflage überrascht. In Datteln arbeiten 100 Beschäftigte. Der Verkauf müsse für die Beschäftigten so reibungslos wie möglich umgesetzt werden, sagte Seegatz, betonte aber auch: „Für das Unternehmen ist es wichtig, dass die Stabilisierung jetzt durchgeführt werden kann.“
Weiter fordert die EU-Kommission, dass Uniper seine 84-prozentige Beteiligung am russischen Unipro-Geschäft (4500 Mitarbeiter) verkaufen soll, was der Konzern ohnehin geplant, wegen des russischen Angriffskriegs aber auf Eis gelegt hat. Uniper muss das deutsche
Fernwärmegeschäft (150 Mitarbeiter), Beteiligungen an den Pipelines Opal und BBL, das Stromgeschäft in Nordamerika und kleine Geschäfte verkaufen. Zudem muss Uniper die Schiedsklage gegen die Niederlande zurückziehen, mit der der Konzern eine Entschädigung wegen des vorzeitigen Kohleausstiegs erstreiten wollte.
Insgesamt dürften das Auflagen sein, mit denen Uniper leben kann. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sprach von Beihilferegeln mit Augenmaß. Zwar würden Marktmöglichkeiten beschnitten, aber nicht so, dass das Unternehmen nicht Gewinne machen könne, sagte der Grünen-Politiker. Sein Haus hatte zusammen mit der EUKommission die Auflagen für Uniper beraten, wie es in Branchenkreisen heißt. Dass das Kraftwerk Datteln den Grünen in NRW schon immer ein Dorn im Augen und für manche Landeskoalition eine Belastung gewesen ist, soll dabei aber keine Rolle gespielt haben.
Am Ende bleibt von Uniper das Handelsgeschäft ohne russisches Pipeline-Gas, die Speicher und die attraktiven Wasserkraftwerke. EUAuflagen in diesen Bereichen hätten das Düsseldorfer Unternehmen tiefer getroffen. Zugleich wirken die EU-Auflagen beliebig, betreffen sie doch viele kleine Bereiche.
Am Montag hatten die Aktionäre den Weg frei gemacht für eine gewaltige Kapitalerhöhung, über die der Bund bei Uniper einsteigt und am Ende 99 Prozent der Anteile übernimmt. Bis zu 31 Milliarden Euro kann der Einstieg den Steuerzahler kosten. Unter Auflagen hat die EUKommission nun grünes Licht gegeben, die Verstaatlichung soll noch vor Weihnachten vollzogen werden.