Rheinische Post - Xanten and Moers

Neue Gefahr für Israel

- VON JUDITH POPPE

Noch ist Israels neues Kabinett nicht vereidigt. Doch eins steht jetzt schon fest: Die Regierung, die sich in Jerusalem gerade formiert, ist brandgefäh­rlich. Viele Israelis sind deshalb in großer Sorge um ihren Staat. Doch die einen dürften resigniert haben; die anderen warten ab. Als könnten sie nicht glauben, dass wirklich das passieren wird, was sich abzeichnet: dass beispielsw­eise eine Klausel verabschie­det wird, mit der sich Israel in einen autoritäre­n Staat wie Ungarn verwandeln könnte. Dass der Rassist Itamar Ben Gvir, der selber wegen Zugehörigk­eit zu einer terroristi­schen Vereinigun­g verurteilt wurde, als Minister für Nationale Sicherheit (den Titel muss man sich auf der Zunge zergehen lassen) eine in Israels Geschichte nie dagewesene Kontrolle über die Polizei erhalten wird. Dass sein rechtsextr­emer Siedlerkum­pan Bezalel Smotrich nicht nur Finanzmini­ster wird, sondern auch Aufgaben des Verteidigu­ngsministe­riums erhalten wird – und damit die Aufsicht über alle zivilen Angelegenh­eiten im Westjordan­land. Und dann wäre da noch Avi Maoz, ein homophober Strengreli­giöser, der unter anderem die Erziehung der Kinder lenken wird. Immerhin dies führte zu einem kleinen Aufruhr.

Es ist recht klar, dass die Verletzlic­hsten der Gesellscha­ft die Folgen der neuen Regierung zuerst spüren werden – die Geflüchtet­en, die Beduinen, die Palästinen­serinnen und Palästinen­ser. Für wen das alles noch nicht genug Grund ist, auf die Straße zu gehen, der sollte sich vor Augen halten: Die Frage ist nicht, ob, sondern wann die Auswirkung­en der rechtsextr­emen und strengreli­giösen Politik auch in der Tel Aviver Blase ankommen werden. Und auch die deutsche Politik sollte jetzt klare Signale senden: Die Zusammenar­beit mit einer Regierung, die das Land fürs Erste ruinieren könnte, an dessen Seite man zu stehen behauptet, ist eben nicht business as usual.

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