Rheinische Post - Xanten and Moers
Das Ende des Krypto-Booms
sprechen“, sagt der Krypto-Analyst Timo Emden. „Es sind weitere Ansteckungsrisiken vorhanden innerhalb der Branche.“So ist Anfang Dezember mindestens zwei weiteren Kryptohandelsplattformen das Geld ausgegangen: Blockfi und Bitfront. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Furcht davor, dass so etwas auch anderen passieren könnte, Anleger in den kommenden Wochen und Monaten von einem Engagement in den Kryptomärkten abhalten wird“, sagt Emden.
Die hohen Schwankungen und Krisen in der Kryptowelt sind alles andere als neu, sie kehren regelmäßig wieder. Das erklärt sich zum Teil dadurch, dass der Kurs von Kryptowährungen vor allem durch die Nachfrage bestimmt wird. Erlahmt diese, rauschen die Kurse in den Keller. Einbrüche von zig Prozent in kürzester Zeit sind dabei keine Seltenheit.
„Der Anleger in Bitcoin muss natürlich wissen, dass die Volatilität sehr groß ist. Der Staat in Form der Bundesbank oder der Bafin warnt ja zu Recht vor den Krypto-Assets“, erklärt Philipp Sandner, Gründer und Leiter des Blockchain Center an der
Frankfurt School of Management and Finance. Allerdings komme es bei der Betrachtung von Kryptoanlagen auch stark darauf an, welchen zeitlichen Horizont man in den Blick nimmt: „Bitcoin ist entstanden vor mehr als zehn Jahren. Und wir können einen langfristigen Aufwärtstrend erkennen. Aber langfristig bedeutet Jahre – nicht Wochen und auch nicht Monate.“
Ein Beispiel: Wer 2019 bei einem Bitcoin-Kurs von 3000 Dollar eingestiegen ist, kann heute auf das Fünffache dieses Wertes blicken. Wer den Bitcoin im November vergangenen Jahres bei 60.000 Dollar gekauft hat, für den bedeutet der aktuelle Kurs einen desaströsen Verlust von 80 Prozent. Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen warnt daher: „Man sollte nur Geld in Kryptoanlagen stecken, das man übrig hat für den Fall, dass diese Anlage schiefgeht.“
Zu bedenken sei auch, dass Bitcoin eben kein reguläres Zahlungsmittel ist. Zwar gab es in der Vergangenheit vereinzelt Geschäfte oder Onlinehändler, die Bitcoin akzeptierten. So hatte zuletzt Tesla-Chef Elon Musk seinerzeit in Bitcoin investiert und die Digitalwährung für kurze Zeit als Zahlungsmittel akzeptiert. Das Unternehmen und sein sendungsbewusster Chef hatten das Experiment allerdings nach nur zwei Monaten wieder beendet. Begründung: Das Schürfen von Bitcoins durch das sogenannte Mining verbrauche zu viel fossile Brennstoffe. Das Mining geschieht in energiehungrigen Rechenzentren, in denen Computer eigenständig arbeiten. „Der Punkt ist berechtigt und man muss auch die Frage stellen, welchen Mehrwert der Bitcoin tatsächlich schafft“, meint Analyst Timo Emden.
Doch auch wenn es in der realen Welt kaum Möglichkeiten gibt, mit Bitcoin irgendetwas zu bezahlen, und der CO2-Abdruck der KryptoLeitwährung riesig ist: Viele Experten halten digitale Währungen auch nach der Pleite von FTX grundsätzlich für zukunftsfähig. So auch der Aktienmarktstratege der Wertpapierhandelsbank Oddo BHF, Oliver Roth: „Das bedeutet nicht, dass das eine Anlageklasse ist, in der nur Betrüger unterwegs sind. Sie ist eben etwas für bestimmte Anleger, die das professionell machen und sich gut in diesen risikoreichen Assetklassen auskennen.“(mit ap)