Rheinische Post - Xanten and Moers
Manche mögen’s heiß
Ob Erdmännchen oder Äffchen, Schlangen oder Tropenfische – viele Zoobewohner brauchen Wärme. Das ist angesichts der stark gestiegenen Energiepreise eine große Herausforderung. Kosten lassen sich nur schwer sparen.
BERLIN (dpa) Der Gundi soll nicht auf seine Wohlfühltemperatur verzichten müssen. Deshalb wird neuerdings im Gehege des nordafrikanischen Nagetiers mit den dunklen Knopfaugen gleich an mehreren Stellen die Temperatur überprüft, selbst am Kletterbaum. „Wir haben die Temperaturen für die Besucher im Schauhaus ein bisschen gesenkt“, erläutert Johannes Köhler, Kurator des Frankfurter Zoos und Leiter des Exotariums. Die Wärme in den Tiergehegen hingegen ist individuell reguliert, je nach den jeweiligen Bedürfnissen. Sollte sich also die niedrigere Temperatur im Besucherbereich auch im GundiDomizil ausbreiten, muss für mehr Wärme gesorgt werden – das Messsystem soll dabei helfen.
Was für den kleinen Nager gilt, gilt auch für den Komodowaran, für Leguane und Schildkröten, die als wechselwarme Tiere mit niedrigem Stoffwechsel besonders auf ausreichend Wärme in ihren Terrarien angewiesen sind. Viele Tiere bräuchten eigentlich Tropensonne, sagt Köhler zu den Herausforderungen an Beheizung und Licht. Die Einsparpotenziale sind begrenzt – und der Verbrauch für Strom und Gas ist nach dem Jahresbericht 2021 im Vergleich zum Vorjahr bereits um 16,3 beziehungsweise 13,9 Prozent gestiegen.
Das Tierwohl hat Vorrang – diese Aussage ist aus allen Zoos Deutschlands zu hören, wenn es um die Herausforderung durch die gestiegenen Energiekosten geht. „Viele Tiere sind auf bestimmte Temperaturen angewiesen, deshalb kann die Heizung in den Tierhäusern nicht einfach heruntergedreht werden“, heißt es auch beim Verband der Zoologischen Gärten (VdZ). Die hohen Energiekosten sind daher für die Zoos eine große finanzielle Herausforderung. Das gilt besonders für solche mit tropischen und subtropischen Tieren, wozu viele Fisch-, Amphibienund Reptilienarten zählen. Dadurch sind die Zoos unterschiedlich stark von den Energiekosten betroffen. „Energie sparen wir dort, wo es möglich ist, wie zum Beispiel bei der Beleuchtung oder in der Verwaltung“,
sagt VdZ-Geschäftsführer Volker Homes.
So wird auch im Berliner Zoo, Tierpark und Aquarium gespart, wo es geht: Das Ankippen von Fenstern ist nicht mehr erlaubt, auf Effektbeleuchtung wird verzichtet. Doch die Möglichkeiten sind begrenzt. Nach Angaben von Direktor Andreas Knieriem lassen sich höchstens 15 Prozent Energie einsparen. „Ein Zoologischer Garten ist ein Großabnehmer von Energie. Das kann man nicht ändern“, so der Chef der Anlagen. „Wir haben hier Tiere aus tropischen und subtropischen Regionen, aber auch Tiere wie Pinguine, die es wirklich kalt brauchen im Sommer. Da gibt es kaum Spielraum.“
„Ein Flusspferd kommt in seinem etwa 700.000 Liter Wasser umfassenden Becken zwar kurzfristig auch mit Wassertemperaturen von unter 15 Grad zurecht. Über einen längeren Zeitraum ist dies jedoch nicht vertretbar“, ergänzt die ZooSprecherin und Artenschutz-Koordinatorin Katharina Sperling. Dafür werde nun zumindest beim Licht im Besucherbereich gespart.
Teurer wird der Unterhalt der Zoos aber dennoch: Der Zoo Hannover rechnet für 2023 mit Mehrausgaben
von 300.000 bis 400.000 Euro. Schon seit Jahren werde Wert auf das Einsparen von Energie beziehungsweise Energieeffizienz gelegt, heißt es. So produziert der Zoo laut einer Sprecherin über eine Fotovoltaikanlage 21 Prozent seines Bedarfs an Energie selbst.
Im Gelsenkirchener Zoo läuft der Betrieb praktisch unverändert. „Wir können nicht spürbar sparen, weil das zulasten der Tiere gehen würde“, sagt die Zoosprecherin Franziska Gerk. Das gilt auch für das Tropenhaus. Auch eine Nachtabsenkung sei dort nicht möglich, weil es nachtaktive Tiere gibt, die ihre natürliche Umgebungstemperatur brauchen. Besonders energieintensive Bereiche zu schließen, ergäbe keinen Sinn, weil die Tiere ja weiter versorgt werden müssen.
Der Dortmunder Zoo hingegen schließt zum Jahresende sein Amazonas-Haus.
Ausschlaggebend dafür sei der unzeitgemäß hohe Energieverbrauch des 1992 eröffneten und stark renovierungsbedürftigen Gebäudes, teilte die Stadt im November mit. Wegen der häufig defekten Heizungs- und Lüftungsanlage, der veralteten Fenster und der schlechten Isolierung der Baukonstruktion verbraucht das Haus nach Angaben der Stadt mehr als ein Drittel des Gesamtbedarfs an Strom und Gas des Zoos. Dabei sei das Amazonas-Haus seit Beginn der Corona-Pandemie ohnehin für Besucher geschlossen, um eine Gefährdung der dort lebenden Affen auszuschließen.
Im größten Zoo MecklenburgVorpommerns in Rostock sind das Darwineum mit der 4000 Quadratmeter großen Tropenhalle und das Polarium die stärksten Energieverbraucher. Geheizt wird vor allem mit Fernwärme der Stadtwerke Rostock. Bei der Wärmeversorgung fallen laut Zoo 2022 insgesamt Kosten von 500.000 Euro für Fernwärme und Gas an. Als Vorsichtsmaßnahme plane der Zoo, in dem 4500 Tiere leben, für 2023 eine Kostensteigerung von 30 Prozent für die Wärmeversorgung ein.
Jörg Bumann, Geschäftsführer des Gettorfer Tierparks in Schleswig-Holstein, sieht ebenfalls deutliche Auswirkungen der gestiegenen Energiepreise. Allein beim Gas wird eine Mehrbelastung im sechsstelligen Bereich erwartet. Auch die Futtermittel seien durch die Produktionskosten deutlich gestiegen. Angesichts der Mehrkosten sollen im Februar oder März 2023 die Eintrittspreise angepasst werden. Allerdings soll nur etwa die Hälfte der Mehrbelastung so umgelegt werden, „da unsere Gäste ebenso betroffen sind“, so Bumann
„Einsparpotenziale hinsichtlich der Wärmeversorgung sind kaum gegeben, da die Versorgung der Tiere gewährleistet werden muss“, sagt die Sprecherin des Erfurter Zoos. In Verwaltungsgebäuden hingegen würden die vorgegebenen Raumtemperaturen von 19 Grad eingehalten, und es erfolgten Umrüstungen auf LED-Technik.