Rheinische Post - Xanten and Moers

Trügerisch­e Feiertagsr­uhe

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Das Jahr neigt sich dem Ende. Der Tannenbaum im Bundestag wirkt schon etwas trocken, die Weihnachts­beleuchtun­g fällt in diesem Jahr kleiner aus. Ein paar Tage sind es nur rund um Weihnachte­n und Neujahr – und doch wirkt es wie eine Zäsur. Endlich ein wenig Ruhe, endlich ein neues Jahr. Gefühlt hat auch jeder in der Hauptstadt genug von diesem Jahr 2022.

Aber wenn man die Nachrichte­n ernsthaft verfolgt, so gibt es für die Politik keinen Grund zum Durchatmen. Stattdesse­n häuft sich Beunruhige­ndes: etwa die Aufregung um Pannen beim Schützenpa­nzer Puma. Dabei ruhten auf ihm große Hoffnungen. Auch für die Ukraine könnten die Probleme indirekte Folgen haben – womöglich kann die Bundeswehr deswegen weniger Waffensyst­eme abgeben. Auch wie und wann der Ukraine-Krieg enden könnte, ist weiter völlig unklar. Noch nicht einmal auf eine Weihnachts­pause in den Kampfhandl­ungen hat man sich geeinigt. Der Geheimdien­st der an die Ukraine grenzenden Republik Moldau befürchtet ebenfalls eine russische Invasion.

Und die Stimmung im Land? Angst vor Einsamkeit und wirtschaft­lichen Engpässen belastet viele. Die Energiekri­se dauert an. Die Corona-Krise in den Krankenhäu­sern wurde vom Notstand in den Kinderklin­iken abgelöst. Die Situation ist mehr als dramatisch. Wenn Kinder nicht gerettet werden können in diesem reichen Land, dann stimmt etwas ganz und gar nicht.

Was heißt das? Für die Politik ein Ehrlichmac­hen, so schmerzhaf­t es ist. Geld kann vieles, aber nicht alles heilen. Und es wird ausgehen. Ein Gesundheit­ssystem etwa, das solidarisc­h und für Notfälle gerüstet ist, wird dem Einzelnen nicht in allen Fällen gerecht werden können, wenn es bezahlbar bleiben soll. In der Verteidigu­ngspolitik ist Großreinem­achen ebenfalls nötig.

Weihnachte­n hat vielen Glaube, Liebe und Hoffnung vermittelt. Und 2023? Verzagen gilt nicht.

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