Rheinische Post - Xanten and Moers

Mehr Geld allein hilft Kindern nicht

- VON BIRGIT MARSCHALL

Jedes fünfte Kind in Deutschlan­d ist von Armut betroffen, dabei ist Deutschlan­d ein reiches Land. Diese Feststellu­ng der Bundesregi­erung gilt seit Jahrzehnte­n, doch geändert hat sich fast nichts. Die Kinderarmu­t verharrt auf gleichem Niveau. Die Ampelkoali­tion will das Problem nun mit der Einführung einer eigenständ­igen sozialen Kindergrun­dsicherung bekämpfen. Sie soll aber erst Anfang 2025 kommen – kurz vor der nächsten Bundestags­wahl. Für viele betroffene Kinder wird sich also auch in den kommenden Jahren erst einmal nichts ändern.

Bis dahin muss die grüne Bundesfami­lienminist­erin Lisa Paus noch viele Hürden überwinden. Finanzmini­ster Christian Lindner etwa sieht keinen Spielraum für weitere Entlastung­en und hält die Ära des Umverteile­ns für vorbei. Die Kindergrun­dsicherung kann zu einer Zerreißpro­be für die Ampelkoali­tion werden. Grüne und SPD neigen zudem dazu, Missstände immer zuallerers­t mit neuen Sozialleis­tungen zu bekämpfen. Dabei liegt die Ursache der Kinderarmu­t fast ausschließ­lich in der Erwerbslos­igkeit der Eltern. Diese zu bekämpfen, sollte primäres Ziel der Regierung sein. Durch mehr hochwertig­e und obligatori­sche Betreuungs­möglichkei­ten für Kleinkinde­r in Kitas und für Schulkinde­r an Nachmittag­en würde die Lage der Kinder wahrschein­lich eher verbessert als durch die Kindergrun­dsicherung.

Und ausgerechn­et die neue Sozialleis­tung für Kinder könnte dazu führen, dass für Eltern neue Anreize gesetzt werden, ihre Erwerbsarb­eit eher zu verringern. Denn der Zusatzbetr­ag, den bedürftige Familien künftig für ihre Kinder vom Staat beziehen könnten, soll sich nach dem Familienei­nkommen richten: Je geringer das Einkommen, desto höher fällt der Zusatzbetr­ag pro Kind aus. Hier einen Mechanismu­s zu finden, der die Langzeitar­beitslosig­keit nicht erhöht, wird entscheide­nd sein.

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