Rheinische Post - Xanten and Moers
Historisches Jahr für den SV Scherpenberg
Mit Angriffswucht steht der SVS auf Platz eins in der Fußball-Landesliga. Der Aufstieg wäre der größte Erfolg. Doch es gibt Baustellen.
MOERS 2023 könnte das Jahr des SV Scherpenberg werden. Vor neun Spielzeiten als Dauergast eigentlich in der Fußball-Kreisliga A verortet, schickt sich der kleine Ortsteilverein aus dem Moerser Süden an, die fünfthöchste deutsche Spielklasse ins Visier zu nehmen. Der intern durchaus kontrovers diskutierte Umzug vom gefürchteten Ascheplatz im Wäldchen, also mitten in Scherpenberg, auf die neue Kunstrasenanlage des TV Asberg hat dazu beigetragen, dass sich das Team von Trainer Ralf Gemmer sportlich nach vorn entwickelt hat.
„Kunstrasen und Asche – das sind ja zwei verschiedene Arten von Fußball“, sagt Kapitän Nico Frömmgen. Und auch Spielmacher El Houcine Bougjdi fühlt sich auf dem Grün an der Asberger Straße deutlich wohler: „Da können wir unsere spielerische
Ralf Gemmer Trainer des SV Scherpenberg
Klasse viel mehr in die Waagschale werfen.“Im Falle eines Aufstiegs in die Oberliga kämen auf die Scherpenberger keine Auflagen zu. Die Asberger Anlage könnte weiter genutzt werden.
Platz eins und dazu 50 erzielte Treffer in 15 Partien sprechen für Angriffswucht. Dagegen sind 27 Gegentreffer nur der achtbeste Wert in der 14er-Liga. An der bisweilen schlampigen Defensive gilt es sicher zu arbeiten, wollen die Moerser auch Ende Mai noch die Nase vorn haben. Der Vorsprung auf den zweitplatzierten Mülheimer FC beträgt nur zwei Zähler.
„Auch Arminia Klosterhardt, Fichte Lintfort und Blau-Weiß Dingden schreibe ich nicht ab. Wir hatten ja selber in der vergangenen Saison elf Punkte Rückstand auf Platz eins und hätten im Endspurt den SV Sonsbeck fast noch eingeholt“, sagt Trainer Ralf Gemmer. Der wird das neue Fußballjahr mit der Moerser Hallen-Stadtmeisterschaft im Enni-Sportzentrum am 7. und 8. Januar einläuten. Scherpenberg geht als Titelverteidiger aufs Parkett. Danach startet die Vorbereitung auf die restlichen elf Punktspiele sowie den Kreispokal, wo der SVS im Halbfinale vertreten ist.
Möglicherweise drängt sich in der Vorbereitung als Erstes die Torwartfrage auf. Bislang ließ Coach Gemmer seine beiden Keeper paritätisch spielen. Allerdings mit signifikant unterschiedlichem Resultat. Neuzugang Armin Hauffe kassierte in zehn Einsätzen in Meisterschaft und Pokal insgesamt 22 Treffer, der etablierte Tobias Prigge in neun Spielen nur sieben Gegentore.
Der Rot-gesperrte Kapitän Nico Frömmgen wird noch drei Punktspiele pausieren müssen, sodass die Innenverteidigung, wie beim wackeligen 5:4 gegen den PSV Wesel zuletzt, erst einmal neu bestückt werden wird. Zumal man sehen muss, ob Rafael Schütz nach seiner langen Verletzungspause sogleich wieder ein Startkandidat in der Defensive sein kann.
Während der Speldorfer Neuzugang Hendrik Willing seine Sache als Linksverteidiger weitgehend gut und zuverlässig erledigte, könnten sich auf der rechten Abwehrseite Probleme ergeben. Ex-MSV-Profi Nico Klotz, zwischenzeitlich immer mal wieder angeschlagen, musste zuletzt passen. Der junge DeutschMarokkaner Ouassim El Abdouni deutete als Klotz-Ersatz indes seine Klasse an, gerade auch im Heimspiel gegen Wesel.
„Es werden sicher im neuen Jahr einige Spieler mehr wieder im Kader sein, sodass wir eine gewisse personelle Breite erreichen werden“, sagt
Trainer Ralf Gemmer. Dabei denkt er auch an Defensivspieler Julian Grevelhörster oder Außenbahnangreifer Jan Stuber, die beide verletzungsbedingt bislang kaum zum Zug gekommen waren.
Das defensive Mittelfeld der Scherpenberger dürfte trotz des Abgangs von Ole Egging zurück zum Bezirksliga-Tabellenführer SV Budberg kaum an Qualität verlieren. Mit Yunus Kocaoglu, Ibrahim Üzüm und Tim Ramroth stehen drei starke Sechser im Aufgebot.
Die Offensive ist mit einem Schnitt von mehr als drei Toren pro Partie ohnehin bestens aufgestellt. In der Landesliga-Torjägerliste stehen Mittelstürmer Darius Strode (15 Tore) und Linksaußen Maximilian Stellmach (13) auf den Plätzen eins und zwei. Mit Rechtsaußen André Meier sowie den Spielmachern El Houcine Bougjdi und Valdet Totaj gibt es in der Landesliga kaum ein stärkeres Offensiv-Quintett.
Und doch ist Vorsicht angezeigt. Fichte Lintfort und Blau-Weiß Dingden mit dem viermaligen Torschützen Mohamed Salman nutzten einen eher schläfrigen Scherpenberger Heimauftritt zu unerwarteten Auswärtssiegen. Dazu ließ das Gemmer-Team auf schwer bespielbarem Naturrasen in Broekhuysen, beim 0:2 die einzige Partie bislang ohne eigenes Tor, sowie in Hönnepel beim 2:2 Punkte liegen.
Dass in den finalen beiden Punktspielen es gegen die direkten Konkurrenten Mülheimer FC und Klosterhardt geht, könnte für große Spannung sorgen. Aber auch für eine gewisse Gelassenheit – sollte Scherpenberg sich bis dahin einen Vorsprung von sieben Punkten oder mehr herausgearbeitet haben.
„Arminia Klosterhardt, Fichte Lintfort und Blau-Weiß Dingden schreibe ich nicht ab“