Rheinische Post - Xanten and Moers
Abwasser und Müll – was sich ändert
Das Abwasser-Urteil des OVG Münster wirkt sich zwar nicht rückwirkend auf 2022 aus, aber im kommenden Jahr sinkt die Gebühr in Wesel um 16 Prozent. Auch die Müllabfuhr wird preiswerter. Außerdem wirkt das Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz.
WESEL Mit dem nahenden Jahresende werden allüberall Bilanzen gezogen und neue Ziele ausgerufen. Letzteres ist meist mit Preissteigerungen und Ungemach für alle Verbraucher verbunden. Aber es geht auch anders. Mit Blick auf das an allen Fronten verkorkste Jahr 2022 mag man es kaum glauben, aber: Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. In Wesel sinken die Abwassergebühren und die Kosten für die Müllabfuhr. Das Schöne daran ist, dass dies jeden betrifft. Unterm Strich mögen die allgemeinen Kostenexplosionen und die Verluste durch die Inflation damit nicht ausgeglichen werden. Immerhin aber sind es Beispiele für Schadensbegrenzung.
Thema Abwasser: Wer ein Häuschen besitzt und Frischwasser bezieht, der muss gebrauchtes Nass über den Kanal ableiten. Das kostet ihn ebenso Geld wie den Mieter, für den die Abwassergebühr Teil der Nebenkosten ist. Festgesetzt werden die Sätze im städtischen Grundsteuerbescheid. Und der wird sich in diesem Punkt 2023 signifikant von seinem Vorgänger unterscheiden. Hintergrund ist jenes Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Münster vom Mai, das sämtliche Kommunen in Nordrhein-Westfalen in Aufruhr versetzt hatte.
Ein Gebührenzahler aus Oer-Erkenschwick hatte mit Unterstützung des Bunds der Steuerzahler gegen seine Abwassergebühren aus 2017 geklagt und gewonnen. Das Gericht befand, der Bescheid sei rund 18 Prozent zu hoch, auch wegen viel zu hoch angesetzter Zinsen. Das OVG änderte damit seine eigene, seit 1994 vertretene Rechtsprechung und nahm indirekt die Kommunen in die Pflicht, ihre Kalkulationen deutlich näher an den realen Kosten und Zinssätzen auszurichten.
Das führt in Wesel nun zu einer Gebührensenkung um ungefähr 16 Prozent, wie Heinz-Dieter Steinbrecher, im Rathaus Fachbereichsleiter für Finanzen und Controlling, im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt. Das Beispiel einer fünfköpfigen Familie macht es plastischer: hatte sie 2022 für 166 Kubikmeter Abwasser noch 526,22 Euro zu zahlen, so sind es kommendes Jahr nur noch 439,90 Euro. Denn für den Kubikmeter Abwasser werden nun 2,65 statt 3,17 Euro erhoben. In gleicher Größenordnung sinkt die Niederschlagsgebühr für jene, die Regen nicht auf dem eigenen Grundstück versickern lassen können und diesen Niederschlag ebenfalls in den Kanal leiten. Dieser Satz sinkt von 1,02 auf 0,86 Euro je Quadratmeter, was ebenfalls etwa 16 Prozent minus entspricht.
Nach dem Urteil vom Mai machte sich natürlich auch mancher Hoffnungen, dass rückwirkender Ausgleich geltend gemacht werden könnte. Wesels Kämmerer Klaus Schütz sagt dazu, dass die Bescheide zu diesem Zeitpunkt längst rechtskräftig und damit gültig waren. Gleichwohl ist es für ihn „schwer darstellbar, dass wir bis Mai rechtmäßig gehandelt haben“. Es liege eben daran, dass sich „das Gericht 180 Grad um sich selbst gedreht“hat.
Interessant ist in Sachen Abwasser übrigens ein Blick auf Mönchengladbach, wo es erneut teurer wird, die Klospülung zu benutzen: 4,02 Euro werden dort 2023 für einen Kubikmeter
verbrauchten Wassers fällig – 1,8 Prozent mehr als in diesem Jahr. Als Grund für die wohl höchsten Kosten in der Region wird die Weitläufigkeit des Stadtgebiets angegeben. Das Kanalsystem sei 1400 Kilometer lang und werde von rund 270.000 Menschen genutzt. In Düsseldorf beispielsweise hängen hingegen 612.000 Personen an einem 1650 Kilometer langen Kanalnetz, weshalb sich die Gebühren dort auf viel mehr Zahler verteilen.
Zurück nach Wesel, wo sich 2023 im Grundsteuerbescheid auch die Müllgebühren freundlicher gestalten als in diesem Jahr. Denn der Kreis Wesel senkt die Gebühr für die Verbrennung im Abfallentsorgungszentrum Asdonkshof bei Kamp-Lintfort von 108,60 auf 94,10 Euro je Tonne. Das entlastet die 13 kreisangehörigen Kommunen um gut 13 Prozent. Hintergrund sind hohe Erlöse beim Verkauf von Strom aus der Turbine der Müllverbrennungsanlage. Auch wenn die bevorstehende Preissenkung nicht dauerhaft gehalten werden kann, so schont sie aktuell doch die Portemonnaies der Bürger.
Unter anderem verringert sich der Jahressatz bei wöchentlicher Leerung einer 60-Liter-Tonne von 223 auf 183 Euro. Wird alle zwei Wochen eine 80-Liter-Tonne geleert, sind 122 statt 149 Euro zu zahlen.
Und dann steht da noch die Umsetzung des Soforthilfegesetzes der Bundesregierung auf dem Plan. Die Stadtwerke Wesel werden Ende Dezember keinen Abschlag für den Bezug von Gas und Wärme erheben. Das hatte Geschäftsführer Rainer Hegmann bereits Ende November mitgeteilt. Die Bezieher selbst sollen nichts tun müssen, um an die Dezemberhilfe zu kommen. Gas- oder Wärmekunden müssten im Monat Dezember keinen Abschlag zahlen. Dieser werde direkt vom Staat übernommen, sagte Rainer Hegmann. Wer seine Abschläge selber überweise, könne die Zahlung im Dezember aussetzen. Für den Fall, dass eine Lastschrift-Ermächtigung vorliegt, werde die Ende Dezember fällige Abschlagszahlung nicht eingezogen. Komplizierter kann es für
Mieter werden, wenn besagte Bezüge über die Nebenkosten abgerechnet werden.
Übrigens kann es sein, dass einige Kunden die Ankündigung falsch verstanden haben. Mit Dezember-Abschlag war nicht jener gemeint, der Ende November fällig wurde. Laut Hegmann laute in seinem Haus die Devise „erst liefern und dann eine Rechnung schreiben“.
Den aktuellen politischen Umgang mit der Energiekrise bezeichnet Hegmann als gut und positiv, auch wenn am Anfang nicht alles zu Ende gedacht worden sei. Das habe wohl viele Kunden verunsichert, doch müsse man auch bedenken, „dass wir so eine Situation noch nie erlebt haben“. Gespannt ist er überdies, wie sich der Energiesparbonus der Stadtwerke auswirken wird. Eventuell Anfang Februar werde man das sehen können. Die jüngste Kältephase führte jedenfalls dazu, dass sich die Gasspeicher täglich um ein Prozent leerten. Deshalb hoffte Hegmann „auf wärmere Tage“.