Rheinische Post - Xanten and Moers
Endlich wieder musikalische Bescherung am EVK
WESEL (eha) Irgendwie fühlte sich der Heilige Abend in den vergangenen zwei Jahren für Sabine Westerfeld nicht richtig an. Die Krankenschwester am Evangelischen Krankenhaus Wesel (EVK) singt seit Jahren im Schwesternchor, der Heiligabend von Station zu Station zieht, um mit Weihnachtsliedern Freude zu bescheren. Doch coronabedingt musste er pausieren. Jetzt wurde die musikalische Bescherung wieder wahr und die Freude darüber war bei Patienten und Angehörigen riesengroß.
Die Tradition des Weihnachtssingens gibt es seit Bestehen der Klinik. Damals waren es die Schwesternschülerinnen, die verpflichtet wurden, Heiligabend den Patienten mit Gesang einen Besuch abzustatten. Ruth Kolkmann, ehemalige Krankenschwester am EVK, gehört seit fast 50 Jahren dem Chor an. Längst sind die Chormitglieder keine Schwesternschülerinnen mehr, auch nicht zwangsläufig Pflegekräfte,
sondern alle, die sich dem Haus verbunden fühlen, ob ehrenamtlich, im Dienst oder bereits im Ruhestand, und die gut und gerne singen können.
Nach dem Tod der ehemaligen Chorleiterin Eva Rynders, sie war stellvertretende Leiterin des Bildungszentrums Niederrhein, fehlte dem Chor die Leiterin. Der damalige Verwaltungsleiter Rainer Rabsahl wusste, dass die Ehefrau eines Rotary-Freundes Musikpädagogin und Chorsängerin ist. Er sprach Lioba Nehlsen an, die gerne zusagte und nun seit 2016 den
Chor leitet. Eigentlich ist es ein Projektchor, der ab November mit den Proben beginnt.
15 bis 20 Leute treffen sich dann einmal in der Woche in der Krankenhauskapelle, um Weihnachtslieder einzuüben, traditionelle ebenso wie neue Lieder, die der Chor in sein Repertoire aufnimmt. Die letzte Probe am vergangenen Donnerstag zeugte von der hohen gesanglichen Qualität und dem Anspruch der Chormitglieder. „Wir wachsen mit unseren Aufgaben“, freut sich ein Chormitglied nach der gelungenen Probe. Auch Lioba Nehlsen ist sehr zufrieden, in der knapp sechswöchigen Übungszeit dieses Niveau erreicht zu haben.
Nach dem Einsingen Heiligabend, die Patienten konnten zuvor den Gottesdienst in der Kapelle besuchen, zog der Chor in die verschiedenen Etagen. Begleitet wurde er, auch das hat Tradition, vom Ärztlichen Direktor Winfried Neukäther und Geschäftsführer Heino ten Brink. Noch nicht erlaubt war es aus Gründen des Infektionsschutzes direkt vor den Zimmern aufzutreten.
Daher versammelten sich die Sängerinnen im erweiterten Flurbereich an den Rändern der Stationen. LEDKerzen wurden entzündet und die Patienten, die nicht laufen konnten, wurden auf Wunsch in die Flure gefahren. Die Zimmertüren wurden geöffnet, sodass die weihnachtlichen Klänge jeden erreichten.
Sie alle waren von Freude und Ergriffenheit beseelt. Insbesondere, wenn sie bekannte Lieder mitsingen konnten. Der Chor wurde beklatscht, aber auch viele Angehörige bedankten sich herzlich. Als eine Dame, die im Rollstuhl auf dem Flur saß, den Wunsch äußerte, für sie „O du fröhliche“zu singen, erfüllte der Chor gerne ihren Wunsch. Berührt waren die Sängerinnen selbst, als aus ihren Reihen dreistimmig „Es ist ein Ros‘ entsprungen“gesungen wurde, wie auch der Besuch auf der Palliativstation am Heiligabend immer eine besondere emotionale Herausforderung darstellt.
Wenn am Ende der Chor-Visite sich dieser im Treppenhaus aufstellt und „Tochter Zion“angestimmt wird, dann singen alle ergriffen mit, Chefarzt und Verwaltungsleiter, Pfarrer und Stationsärzte, Schwestern, Patienten und Angehörige. Und wenn der Chor die letzte Zeile des Kirchenliedes „O du fröhliche“gesungen hat, dann fängt für Schwester Sabine Westerfeld Weihnachten an. Und in diesem Jahr hat es sich endlich wieder richtig angefühlt.