Rheinische Post - Xanten and Moers
Vogelgrippe grassiert am Niederrhein
Allein im Dezember ist die aviäre Influenza an elf Orten in NRW nachgewiesen worden. Betroffen sind neben großen Betrieben auch Ställe von Hobbyhaltern. Das Ministerium rechnet damit, dass das Virus in Europa heimisch wird.
DÜSSELDORF Die Geflügelpest hält Landwirte und Hobbyhalter weiter in Atem. Alleine im Dezember verzeichnete das Tierseuchen-Informationssystem des FriedrichLöffler-Instituts in NRW an elf Orten nachgewiesene Fälle der aviären Influenza (Vogelgrippe). Zehn Mal waren Tiere in Haltung betroffen, in einem Fall handelte es sich um eine Wildente. Den letzten Nachweis gab es den Wissenschaftlern zufolge etwa eine Woche vor Heiligabend bei Hühnern in Höxter.
Das Landwirtschaftsministerium von Silke Gorißen (CDU) erklärte, die Lage sei in den vergangenen Monaten sowohl in NRW als auch in anderen Bundesländern und Staaten Europas sehr dynamisch gewesen. Betroffen seien neben konventionellen auch Hobby- und Rassegeflügelbetriebe. „Schwerpunkte der Ausbrüche der Vogelgrippe stellen die Regionen Niederrhein und Westfalen dar“, sagte ein Sprecher. Dies sei auf eine Vielzahl geflügelhaltender Betriebe im Haus- und Nutztierbereich sowie die hohe Anzahl von Wildvogelrastgebieten in NRW zurückzuführen.
Die Aussichten für die Tierhalter sind dabei äußerst düster: „Ganzjährige Nachweise von HPAI-Viren im europäischen Raum lassen auf eine endemische Etablierung dieser HPAI-Viren schließen. Dies stellt geflügelhaltende Betriebe ebenso wie Veterinärbehörden vor besondere Herausforderungen“, sagte der Sprecher. Das nachgewiesene Virus sei äußerst aggressiv und mit großem Leid für die betroffenen Tiere und Tierhalter verbunden.
Aus Sicht des Ministeriums sind Wachsamkeit und die konsequente Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen weiterhin der adäquate Schutz vor einer Eintragung des Erregers. Die Geflügelhalter in NRW seien hinreichend sensibilisiert und sich ihrer besonderen Verantwortung sehr bewusst. „Es gibt keine Rückmeldungen der nachgeordneten Veterinärbehörden, dass angeordnete Bekämpfungs- und Präventionsmaßnahmen
nicht eingehalten werden“, erklärte das Ministerium.
Zu den Ende November vereinbarten Regelungen gehören etwa erhöhte Hygienevorkehrungen, die Beachtung von Stallpflichten sowie Untersuchungsmöglichkeiten zur Früherkennung des Virus. „Das Erfordernis weitergreifender behördlicher Maßnahmen wird stets bezogen auf die spezifische Situation in den betroffenen Regionen aktuell geprüft“, so der Sprecher.
René Schneider, landwirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sprach von einer Bewährungsprobe für Ministerin Gorißen: „Sie muss Sicherheit für landwirtschaftliche Betriebe herstellen. Doch statt Arbeit mit Hochdruck kommt aus dem Landwirtschaftsministerium zu viel heiße Luft.“Gerade Hühner in Bio- und Freilandhaltung könnten nicht im Stall vor der Geflügelpest abgeschirmt werden. Besonderer Schutz sei nötig: „Das Land hat dazu ein Förderprogramm in Aussicht gestellt, doch konkret geworden ist das Ministerium bislang nicht. Das haben unsere Nachfragen im Ausschuss offenbart.“Absichtserklärungen retteten keine Tiere, das Förderprogramm für mehr Schutz müsse Realität werden: „Schließlich wollen wir mehr Bio- und Freilandhaltung für regionale Landwirtschaft, die eine nachhaltige Ernährung ermöglicht. Diesem Anliegen verpasst Ministerin Gorißen einen enormen Dämpfer.“
Das Ministerium erklärte, der wirtschaftliche Schaden lasse sich aufgrund des sehr dynamischen Geschehens derzeit nicht realistisch abschätzen. „Neben den durch die eigentlichen Bekämpfungsmaßnahmen entstehenden Kosten erhalten die von der Tierseuche unmittelbar betroffenen Geflügelhaltungen eine finanzielle Entschädigung durch die Tierseuchenkasse NRW, welche sich am tatsächlichen Wert der durch die Geflügelpest verendeten oder getöteten Tiere betriebsindividuell bemisst.“
Das Ministerium sieht aber auch den Bund gefordert: „Von der aktuellen aviären Influenza sind inzwischen Geflügelhaltungen im ganzen Bundesgebiet betroffen, wodurch aus unserer Sicht auch bundesweit die Vermarktung von Geflügelfleisch und Konsumeiern beeinträchtigt wird. Auf Ebene des Bundes wird deshalb derzeit geprüft, ob Geflügelhalterinnen und Geflügelhalter zukünftig auf marktpolitischer Ebene staatlich unterstützt werden können.“