Rheinische Post - Xanten and Moers
Auf der Suche nach dem „Kracher“
Die CDU geht in Weimar in Klausur. Das ist dringend nötig – der Partei fehlt es an zündenden Inhalten.
WEIMAR/BERLIN Wer Suchender ist, wird in Weimar fündig. Untrennbar verbunden ist die Stadt mit Goethe und Schiller, das bronzene Standbild der beiden vor dem Deutschen Nationaltheater zeugt davon. Hier also sucht auch die Union an zwei Tagen nach dem, was mal war – und was künftig sein könnte. Oder wie CDUChef Merz ganz nüchtern sagt: „Ich möchte die CDU in den Sachthemen wieder auf die Höhe der Zeit bringen.“Einfach wird das nicht. Mitunter wegen des Vorsitzenden selbst.
Die Union ist seit über einem Jahr in der Opposition. Die Bundestagsfraktion hat Merz sortiert, arbeitsfähig gemacht, sie wird tagespolitisch wahrgenommen. Auch, weil die Ampel und der Kanzler es ihr in diesen Krisenzeiten mitunter leicht machen. Aber die Partei? Sie dümpelt vor sich hin, es fehlt an breiter „Meinungsführerschaft“, wie intern eingeräumt wird. Kompetenzen sind seit dem Machtverlust verloren gegangen. Gerade bei den Themen, für die die Union früher gewählt wurde – für ihre Wirtschaftspolitik etwa.
Die Vorstandsklausur soll daran etwas ändern, künftig wollen die Christdemokraten nur noch verkünden, wofür sie sind. Acht Punkte umfasst der Entwurf der „Weimarer Erklärung“. Darin sieht die CDU die Wirtschafts-, Energie- und Klimapolitik
als eine Einheit, man setzt auf marktwirtschaftliche Innovationen und Anreize, auf Forschung und auf Klassiker wie den Bürokratieabbau. Für Ärger sorgt der Satz, man wolle den Bau neuer Atomkraftwerke „vorurteilsfrei“prüfen. Das sei falsch, heißt es, und entspreche nicht der Beschlusslage der Partei.
Doch reicht die Erklärung am Ende für ein Signal, das nicht sogleich wieder verpufft? „Kein Kracher dabei“, stichelt einer. Die Unionsspitze sieht in dem Treffen freilich nur den Auftakt in ein anspruchsvolles Jahr 2023 – es soll das der konkreten programmatischen Erneuerung werden, an dessen Ende dann im Mai 2024 das neue Grundsatzprogramm steht.
Merz rühmt sich damit, inzwischen viel mehr Zeit in die Parteiarbeit zu investieren. Jedoch: Der Union fehlt es an Köpfen, die mit Themen in Verbindung gebracht werden. Hinzu kommt, dass Merz selbst die CDU öfter in die Bredouille bringt. Es mag sein, dass er für seine umstrittene „Kleine Paschas“-Äußerung bei Markus Lanz viel Zuspruch erhalten hat, wie er und andere beteuern. Aber der Vorsitzende hatte unlängst verkündet, für den Sprung zurück in die Regierung brauche man den Zuspruch von Frauen, Jungen und Migranten. Die verbalen Ausrutscher, angefangen beim „Sozialtourismus“, könnten daher die abschrecken, die die Union eigentlich gewinnen will.