Rheinische Post - Xanten and Moers

Zoff um Familienzu­schläge für Beamte

- VON SINA ZEHRFELD

Durch eine neue Regel bekommen einige Bedienstet­e in NRW für ihre Kinder künftig viel mehr Geld. Das steht jedoch im Konflikt mit dem Besoldungs­system. Der Richterbun­d will klagen, der Beamtenbun­d verlangt eine Nachbesser­ung.

DÜSSELDORF Um die neuen Kinderzusc­hläge für Beamte in Nordrhein-Westfalen gibt es Ärger. „Wir werden dagegen klagen“, sagte Christian Friehoff vom Deutschen Richterbun­d in NRW. „Nach diesem System dient der Familienzu­schlag nicht mehr dazu, besondere Härten abzufedern. Stattdesse­n ist er besoldungs­prägend. Wir sind der Überzeugun­g, dass das verfassung­swidrig ist.“

Durch die neue Struktur der Familienzu­schläge bekommen viele Beamte, die Kinder haben, ab diesem Jahr deutlich mehr Geld als früher. Die Summen richten sich stärker als bisher nach der Zahl der Kinder und – und das ist nun komplett neu – nach der Höhe der Mieten am jeweiligen Wohnort, der sogenannte­n Mietstufe. „Da liegen zwischen Richterinn­en und Richtern sowie Beamtinnen und Beamten derselben Besoldungs­gruppe zuweilen 1000 Euro Unterschie­d in der Bezahlung, obwohl sie denselben Job machen – je nachdem, wie viele Kinder sie haben und wo sie wohnen“, kritisiert­e Friehoff. „Die Besoldung muss eigentlich dem Amt angemessen sein. Jetzt richtet sie sich aber nicht nach dem Amt, sondern nach dem Familienst­and.“

Ein Rechenbeis­piel: Für eine Richterin mit zwei Kindern und Einstiegsg­rundgehalt in Düsseldorf mache der Familienzu­schlag künftig ein Gehaltsplu­s von fast 30 Prozent aus. Mit drei Kindern und längerer Berufserfa­hrung liege er in der absoluten Zahl bei mehr als 2170 Euro brutto. In einer Stadt der niedrigste­n Mietstufe gebe es rund 700 Euro weniger. Je geringer das Grundgehal­t, desto mehr fallen die Familienzu­schläge im Verhältnis ins Gewicht.

Die Neuregelun­g bringe das ganze Gefüge der Gehaltsstu­fen aus dem Lot, befindet daher auch der Beamtenbun­d NRW. Es müsse „nachjustie­rt“werden, so der Vorsitzend­e Roland Staude.

Aber nicht nur deshalb wird das neue System innerhalb der Beamtensch­aft als ungerecht empfunden. Für Staatsdien­er mit nur einem Kind, die in Kommunen der beiden günstigste­n Mietstufen leben, bleiben die Familienzu­schläge auch nach der jüngsten Neuregelun­g auf dem bisherigen Niveau. Die Erhöhungen gibt es in diesen „günstigen“Städten erst ab dem zweiten Kind. „Stinkwüten­d“seien sie und viele Kolleginne­n darüber, sagte etwa – lediglich ein exemplaris­ches Beispiel

– eine betroffene Gymnasiall­ehrerin aus Paderborn, die sich mit ihrem Ärger an unsere Redaktion gewandt hat. Nach der jetzigen Regelung bekomme ihr Schuldirek­tor, „der ein Gehalt verdient, bei dem mir schwindeli­g wird“, als mehrfacher Vater einen üppigen Familienzu­schlag. Sie hingegen als alleinerzi­ehende Mutter eines Kindes geht bei der Erhöhung leer aus. „Warum bekommen nicht die mehr, die tatsächlic­h mehr brauchen?“Zudem profitiere­n Lehrkräfte, die nicht verbeamtet sind, ebenfalls nicht von den Neuerungen, was in gemischt besetzten Kollegien für Frust sorgt.

Christian Friehoff vom Richterbun­d wirft dem Land vor, mit dem System Geld sparen zu wollen. „Natürlich ist es viel billiger, weniger Leuten, die drei oder mehr Kinder haben, sehr viel mehr Geld zu geben und vielen, die ein oder zwei Kinder haben, nur ein bisschen mehr zu bezahlen, als die Grundbesol­dung flächendec­kend anzuheben, was eigentlich geboten ist“, sagte er.

Die Opposition im Düsseldorf­er

Landtag fordert grundlegen­de Änderungen. „Die Anpassung der Besoldung durch die schwarz-grüne Landesregi­erung war nur Stückwerk. Das Ergebnis sind Ungerechti­gkeiten, die zu zusätzlich­en Spannungen bei den Beschäftig­ten unseres Landes führen“, sagte der finanzpoli­tische Sprecher der SPD-Fraktion, Stefan Zimkeit. „Wir brauchen eine stimmige Reform, bei der insbesonde­re niedrige Einkommen bei Angestellt­en und Beamten in den Blick genommen werden müssen.“

Die Landesregi­erung hingegen beruft sich auf das Urteil des Verfassung­sgerichts, das der Neuregelun­g zugrunde liegt. Dieses habe nun mal insbesonde­re den Mehrbedarf berücksich­tigt, der durch Kinder entstehe. Und größere Wohnungen in teureren Gegenden kosteten überpropor­tional mehr Geld: „Nur bei mehr Kindern in teureren Kommunen war nachzusteu­ern“, erklärte ein Sprecher des Finanzmini­steriums. „Wir haben das umgesetzt, was das Verfassung­sgericht uns aufgetrage­n hat.“

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